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ERSTE EINSTUFUNG

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Um in der DDR überhaupt auftreten zu dürfen benötigte jede Band eine vom Rat der Stadt erteilte Genehmigung, der zwangsläufig immer eine EINSTUFUNG vorausging. „Na wo komm’ wa denn da hin – hier einfach so laute Hottentottenmusik machen, und das ungekämmte Langhaar lustvoll schütteln – nee, nee, das muss schon alles seine sozialistisch – deutsche Ordnung haben.“

Man meldete sich also bei irgend ’ner Pullerinstitution Abteilung Kultur an und musste dann meist mit vielen anderen Leidensgenossen coram publico und vor einer so genannten Einstufungskommission sein Bestes geben. (Zu Einstufungskommissionen werd’ ich später noch etwas ausführlicher kommen)


Gala, Micha Werner, Basti Baur, Pet Schneider, Speiche in Micha Werners Probenraum

Unser Ziel war es, bei der nächsten großen Einstufungsveranstaltung, im Jahre des Herrn 1976, nicht nur mitzumachen, sondern auch gleich die Mittelstufe zu ergattern. Da es sich hierbei um die Ersteinstufung handelte, war dieses Ansinnen schon ziemlich mutig – aber an Mut hat es uns ja eigentlich nie gemangelt – trotz einiger Manschetten! Aber ich denke ja, Mut ist nicht das Fehlen von Angst, sondern die Überwindung von Angst.

Wir also nach `n paar Wochen Probe (mittlerweile sind wir in den Probenkeller von Micha Werner in die Ackerritze umgezogen) zum großen Trallala ins EAW Treptow. Im Hauptgebäude dieses Elektroblödsinnskombinats gab’s im obersten Stockwerk so’n riesen Kultursaal mit ziemlich großer Bühne, auf die wir – na klar – nicht mehr rauf durften. Wir sind nämlich – typisch für diese Kapelle – selbst an einem für uns so wichtigen Tag viel zu spät eingetrudelt, was zur logischen Folge hatte, dass die anderen Bands, die ebenfalls an dieser Einstufung teilnahmen, die Bühne total vollgemülllt hatten und für die kleene Monokel-Band kaum noch Platz war.

Okay, okay, wir bauen uns eben unten auf’m Parkett direkt VOR der Bühne auf. Merkwürdige Situation – aber egal – auch Wolkenkratzer haben mal als Keller angefangen! Und überhaupt - ich war gerade `n paar Stunden Vater meiner wunderschönen Tochter Sarah, ich liebte meine Freundin Line, die Bandkollegen waren wie Brüder und das Leben, das vor mir lag, roch nach Abenteuer und Erdbeertorte. Ich fühlte mich bei aller Nervosität unbesiegbar, egal, wer oder was da noch auf mich zukommt.

Na ich mach’s kurz: erwartungsgemäß lief die ansonsten ja eigentlich überflüssige Veranstaltung für Monokel prima. Wir bekamen selbstverständlich (komischer Weise haben wir daran nie auch nur eine Sekunde gezweifelt) unsere beantragte Mittelstufe, was ja für Abrechnungen mit Veranstaltern wichtig war und sich in Heller und Pfennig niederschlug. Darüber hinaus bekam – wen wundert’s – das großartige Jodeltalent Gala für seine solistische Leistung als Sänger einen Sonderpreis vom Magistrat der Stadt Berlin, und eben die sooo wichtige Spielerlaubnis, ohne die keiner was auf den Bühnen dieses komischen Landes zu suchen hatte.



Ihr könnt euch kaum vorstellen, wie ich mich fühlte. Die erste richtige Mugge mit Band und gleich so’n Sonderpreis abgefasst. Ich wollte die ganze Welt umarmen und das Gefühl der Unbesiegbarkeit hatte in diesem Augenblick seinen Höhepunkt erreicht. Immerhin hingen an diesem Preis zu allem Überfluss auch noch - für damalige Verhältnisse eine Riesensumme – 500 Mark mit dran. Die Kohle wurde ein oder zwei Tage später bei einer Feierlichkeit peinlichster Ausmaße im HdJT (Haus der jungen Talente) an mich ausgehändigt und von den Bandkollegen und mir bis auf einen kleinen Rest umgehend in feinste Spirituosen umgesetzt! Wenn man mal bedenkt, dass z. B. ein Gin Tonic gerade mal 1,50.- gekostet hat, kann sich ja wohl jeder vorstellen, wie wir danach aussahen… Der Grundstein für unseren nicht immer allerbesten Ruf als tapfere Alkoholvernichter war gelegt! Aber darüber wird in diesem Buch noch genug zu berichten sein.

Das Leben ist ´ne Session

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