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Anschnallen ist uncool

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Das sonore Brummen des Motors und die verschlossenen Türen des Busses gaukeln mir für einige Minuten eine trügerische Sicherheit vor. Keiner kann weg, sie sitzen angeschnallt auf ihren Plätzen und beschäftigen sich mit den ersten Chipstüten. „Dürfen wir Musik hören?“ Ich bin begeistert. Sie fragen erst einmal nach. Der nette junge Busfahrer hat nichts dagegen, solange er ganz vorne seine eigene Musik hört und sich aufs Fahren konzentrieren kann. Eine Weile geht das auch gut. Bis Efe, mein zweiter ADHS-Schüler, seine eigene Bluetooth-Box auspackt und dagegenhält. Er wechselt in schwindelerregendem Tempo zwischen Gangster-Rap, ich höre Textfetzen wie: “Isch ficke deine Mutter“ oder „Ich kille euch, ihr schwulen Säue“, türkischer Folklore und „Sandmann, lieber Sandmann“. Leider ist Efe auf dem Appell-Ohr taub. Erst die Androhung, das Gerät einzuziehen, sorgt für Einsicht und erträgliche Musikbeschallung. Allerdings musste ich mich umdrehen.

Fadil turnte gerade über die Lehne zu seinem Vordermann. Für alle, die dieses alltägliche Manöver nicht im eigenen Repertoire haben, hier zum besseren Verständnis: das funktioniert nur, wenn man nicht angeschnallt ist! Und auch diverse andere Herren der Schöpfung hatten sich ihrer Gurte entledigt. Na gut. Also noch mal eine kurze Belehrung: Anschnallpflicht im Bus, Sicherheit, Verantwortung... Ich gab mein Bestes. Appell an die jugendliche Vernunft. Es wurde gemurrt, aber gegurtet. „Mein Vater schnallt sich auch nie an“, „Anschnallen ist uncool“... egal. Geschafft. Zufrieden konzentrierte ich mich wieder auf mein Buch.

Ein Kontrollblick 10 Minuten später belehrte mich eines Besseren. „Ihr sollt euch anschnallen und angeschnallt bleiben!“ Der Ton diesmal schon schärfer. „Mein Gurt geht nicht.“ Grins. Ich tabere nach hinten und stelle fest, dass sie inzwischen die Gurtbänder eingedreht haben. „Witzig Jungs. Dreht sie wieder aus. Und jetzt anschnallen.“ Ich begebe mich wieder auf meinen eigenen Platz und schnalle mich demonstrativ an.

Eine halbe Stunde später baten mein Kollege und ich den Busfahrer entnervt darum, an der nächsten Raststätte eine Pause einzulegen. Diesmal drohten wir mit Heimreise direkt nach der Ankunft. Pubertäres Augenrollen, die Jungs grinsten... tuschelten auf Türkisch. Ich kämpfte um meine gute Laune. „O.K. Leute, wer aufs Klo muss, geht noch mal. Beeilt euch bitte, wir fahren sofort weiter. Keine Einkäufe an der Raststätte.“ 10 Minuten später saßen die Mädchen vollständig und angegurtet im Bus, von den Jungs fehlte jede Spur. Verschollen bei McDonalds. Mein Kollege übernahm das Aufspüren und Treiben der Herde. „Sie hatten doch aber nur gesagt, wir sollen an der Raststätte nicht einkaufen gehen? Wir dachten, McDonald ist O.K.!“ Ich hüllte mich sicherheitshalber in Schweigen.

Es war Montagmittag und ich hatte den ersten Anflug von pädagogischem Klassenfahrtskoller.


Eine Klassenfahrt und andere Desaster

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