Читать книгу Kleine Geschichte Mittelfrankens - Franz Metzger - Страница 6

Bevor die Franken kamen – Ur- und Frühgeschichte Prolog: Ein ganz besonderer Vogel

Оглавление

Seinen ersten Beitrag zur Weltgeschichte leistete Mittefranken vor rund 150 Mio. Jahren: Da bedeckte das ausgedehnte Jurameer unser Gebiet. In den Wassern jagten Flugsaurier nach Fischen, und das ging nicht immer gut. Verunglückte Flugsaurier stürzten ins Meer, und ihre Kadaver versanken in Sedimentschichten, in denen die härteren Körperteile versteinerten. Diese Schichten, schließlich von tektonischen Bewegungen angehoben, bildeten die langgezogene Gebirgskette des Jura. Durch deren östlichsten Teil, die Fränkische Alb, gruben sich Flüsse ihren Weg, darunter die Altmühl auf ihrem Weg zur Donau. Das Tal bot fruchtbares Siedlungsland, und es entwickelten sich Dörfer und Städtchen, darunter Solnhofen.

Zum wichtigen Arbeitgeber der Region wurden die Steinbrüche; der Solnhofer Plattenkalk war weithin gesucht für Fliesen und Wandverkleidungen. Schon die Römer nutzen ihn zur Ausgestaltung ihrer Bäder; als Baumaterial fand er seit dem Mittelalter weite Verbreitung. Einen gewaltigen Aufschwung fand der Plattenkalk-Abbau, als Alois Senefelder (1771–1834) die Lithographie erfand, eine Reproduktionstechnik, für die der fränkische Kalk die ideale Grundlage bot.

Mit dem intensiveren Abbau häuften sich auch die Funde von Fossilien. Solnhofen wurde zum Mekka der Urgeschichtsforscher, die sich auf die geschulten Augen der Steinbrucharbeiter verlassen konnten. 1860 wurde so im Gemeindesteinbruch eine fossile Feder entdeckt, eine kleine Sensation, da aus der Jura-Epoche bislang keine Vögel bekannt waren. Der Frankfurter Paläontologe Hermann von Meyer gab dem Fund und dem dazugehörigen noch unbekannten Tier den Namen Archaeopteryx („Urfeder“). Ein weiterer Fund ein Jahr später machte die Sensation perfekt: Im Kalk eingebettet fand sich da der Körperabdruck eines Geschöpfes, dessen Körperbau, Flügelarme und zahnbesetzter Schnabel es eindeutig als flugfähigen Saurier auswiesen. Statt einer Saurierhaut trug das Tier aber ein Federkleid.


Kronzeuge der Evolutionstheorie: Mit dem Fund des „Urvogels“ Archaeopteryx schrieb Solnhofen Wissenschaftsgeschichte.

Um die Dramatik dieses Fundes zu begreifen, muss man sich vergegenwärtigen, dass nur zwei Jahre zuvor Charles Darwins Grundsatzwerk „Von der Entstehung der Arten“ erschienen war, mit dem er die Evolutionstheorie postulierte. Umgehend hatte sich eine hitzige Kontroverse entwickelt. Was Darwin und seine Gefolgsleute benötigten, waren „missing links“, Belege für den Übergang von einer Spezies zu einer anderen. Der Archaeopteryx hätte als Glied zwischen Sauriern und Vögeln nicht besser erfunden worden sein können. Doch er war real – so real, dass Richard Owen, einer der hartnäckigsten Gegner Darwins, umgehend den Solnhofer Fund kaufte, um ihn in einer Schublade verschwinden zu lassen. Ein sinnloses Manöver, da der fränkische Plattenkalk in den folgenden Jahrzehnten weitere Exemplare des „Urvogels“ preisgab.

Dass sich die Evolutionstheorie schließlich durchsetzte, war also auch Steinbrucharbeitern und -besitzern aus Mittelfranken zu verdanken.

Kleine Geschichte Mittelfrankens

Подняться наверх