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Vorwort zur 1. Auflage

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Wenn ich PraktikantInnen nach einem 6-monatigen Praktikum frage, mit welchen spezifischen Methoden in ihrer Praktikumsstelle gearbeitet wurde, bleibt in den meisten Fällen die Antwort diffus. Dies nicht, weil die StudentInnen dies nicht beurteilen könnten, sondern weil in den Praktikumsstellen selbst keine Eindeutigkeit vorhanden ist. Da ist zwar von »Gruppenarbeit« oder »Einzelberatung« die Rede, nach welchen Handlungsleitenden Konzepten oder spezifischen Methoden aber gearbeitet wird, bleibt ungeklärt.

In einer kürzlich von mir zu begutachtenden Diplomarbeit, bei der es um sozialpädagogische Arbeit mit »benachteiligten Jugendlichen« ging, hat der Diplomand auch die Professionellen von mehreren Einrichtungen danach befragt, mit welchen spezifischen Methoden sie arbeiten. Die Antworten waren zum Teil erschütternd. Neben den Pauschalbegriffen »Einzelfallhilfe« und »Gruppenarbeit« wurden als »Methoden« u. a. die folgenden genannt: »Hilfe zur Selbsthilfe«, »Vermittlung von Schlüsselqualifikationen«, »Teamkooperation«, »offenes und flexibles Handeln«, »klare Richtlinien setzen«. Als spezifische Methoden wurden lediglich einmal zwei erwähnt (»Klientenzentrierte Interaktion« nach Rogers und »Neuro-Linguistisches Programmieren«), allerdings mit dem Hinweis, dass vieles auch »angelesen« wurde, je nachdem, was die befragten sozialpädagogischen Fachkräfte gerade gut fanden und »brauchen« konnten.

Man stelle sich vor, ein Patient kommt zum Arzt und klagt über stechende Schmerzen auf der rechten Bauchseite und zudem über Übelkeit. Der Arzt diagnostiziert über Ultraschall und durch eine Blutuntersuchung, dass Gallensteine vorliegen und die Leberfunktion wohl eingeschränkt ist. Auf die Fragen des Patienten, wie es denn nun weitergehen soll, gibt ihm der Arzt etwa folgende Antwort: »Wir werden Ihnen über offenes und flexibles Handeln, aber in Teamkooperation wieder Qualifikationen vermitteln, die sie zur Selbsthilfe befähigen. Dies geschieht aber nach klaren Richtlinien!«. Was dem Patienten bleibt ist Flucht oder untertänigste Ergebenheit in sein vom Arzt bestimmtes Schicksal.

Die beiden Beispiele aus den Praktika und aus der Befragung betonen natürlich nur eine Seite der Realität. Auf der anderen Seite gibt es Institutionen, in denen methodenbewusst sozialpädagogisch sehr effektiv gearbeitet wird. Dazwischen liegen viele Tätigkeitsfelder der Sozialen Arbeit, die bezüglich ihres methodischen Handelns mehr der einen oder mehr der anderen Seite zugeordnet werden können.

Die benannten Probleme in der Praxis spiegeln allerdings auch Probleme in der Ausbildung wider. Wenn heute noch, entgegen möglicher besserer Erkenntnis, als die Methoden der Sozialen Arbeit »Einzelfallhilfe«, »Soziale Gruppenarbeit« und »Gemeinwesenarbeit« genannt und gelehrt werden, noch dazu meist ohne intensivere praktische Erprobung, und wenn es bis vor wenigen Jahren noch keine auf einen neueren Stand gebrachten Lehrbücher zum methodischen Handeln gab und wenn »Methoden« lange, zumindest in der universitären Ausbildung, als etwas Anrüchiges erschienen, was es »offensiv« oder auch »alltagsorientiert« zu überwinden galt, dann verwundert es nicht, dass sich methodisches Handeln oft so unreflektiert und unsystematisch in der Praxis spiegelt.

Einen systematischen Zugang zum methodischen Handeln in der Sozialen Arbeit zu finden ist das Hauptziel dieser Einführung, die sich vor allem an Studierende der Sozialen Arbeit und verwandter Gebiete sowie an Professionelle in der Praxis Sozialer Arbeit richtet.

Der Anlass für dieses Buch sind Erfahrungen wie die eben genannten und auch die manchmal erlebte eigene Ratlosigkeit, die sich bei manchen Fragen von Studierenden in Seminaren und in den Sprechstunden einstellte. So ist dieses Buch auch der Versuch, Antworten für diese Fragen zu finden und diesen Antworten eine Struktur zu geben. Dabei waren mir bei der Vorbereitung Studierende und KollegInnen behilflich, insbesondere Kerstin Janßen, Anja Peters, Dr. Henno Wiesner und Michael Zwilling. Ihnen danke ich besonders für die konstruktive Kritik und die kreative Diskussion.

Grundlagen des Methodischen Handelns in der Sozialen Arbeit

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