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5.2 Christliche Gottesstaaten?

Lange Zeit beherrschte die christlich geprägte Ideologie das Denken der Menschen im weitesten Sinne. Mit Fragen der (christlichen) Religion ließen sich nicht nur politisch motivierte Handlungen wunderbar verbrämen – es gab eine enge Melange von Gläubigkeit und politischen Machtansprüchen.

In vereinfachender Zusammenfassung beriefen sich Kaiser und Könige auf das Gottesgnadentum (am besten mit päpstlicher Krönung) – bis zum Beginn der Neuzeit. So gesehen, waren auch die christlichen Staaten nicht weit von einem „Gottesstaat“ entfernt – wobei für die Bevölkerung die jeweils „falsche“ Religionsausübung höchst gefährlich werden konnte.

Und selbst heute noch streiten sich deutsche (nicht nur christliche) Politiker über die Frage, ob in die Verfassung ein Gottesbezug gehört ober nicht.

So enthält bereits die Präambel zum Grundgesetz die Formulierung: „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen (...) hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.“

Und auch in der Eidesformel lautet der für Bundespräsident, Bundeskanzler und Bundesminister vorgeschriebene Amtseid am Schluss: „So wahr mir Gott helfe” (Artikel 56 GG).

Gleichwohl kann aus diesen Formulierungen im Unterschied zu islamischen Gottesstaaten kein Rückschluss auf die Religiosität Deutschlands und seiner Regierungen gefolgert werden. Das ergibt sich schon aus der Tatsache, dass der Eid auch ohne die religiöse Beteuerung abgelegt werden kann.

Grund für das damalige Einfügen des Gottesbezugs waren die negativen Erfahrungen mit der jüngeren deutschen Geschichte samt ihren vorhergehenden Verfassungen. Sie enthielten keinen Gottesbezug. Seine Einfügung in das deutsche Grundgesetz sollte das Umdenken in einem neuen Deutschland repräsentieren…

Zu der Frage, ob der Gottesbezug im Widerspruch zur Glaubens- und Gewissensfreiheit des Art. 4 GG steht, hat der wissenschaftliche Dienst des Bundestages Stellung bezogen und diese Frage abschließend verneint:

„Das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit des Art. 4 Abs. 1 GG schützt die innere Freiheit des Einzelnen, religiöse und weltanschauliche Überzeugungen zu bilden und diese nach außen zu bekennen und zu verbreiten. Zudem ist auch die negative Glaubensfreiheit, also das Recht, gerade keinen Glauben oder keine Weltanschauung zu teilen, geschützt. Damit die Bürger diese individuellen Freiheiten effektiv ausüben können, ist es erforderlich, dass sich der Staat gegenüber den unterschiedlichen Glaubensausübungen neutral verhält. Diese religiös-weltanschauliche Neutralität des Staates ergibt sich aus einer Zusammenschau der Glaubensfreiheit und der Gleichheitsgrundrechte der Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG und Art. 33 Abs. 3 GG sowie des Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 Abs. 1 und des Art. 137 Abs. 1 Weimarer Reichsverfassung (WRV). Der Staat hat „sich in Fragen des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses neutral zu verhalten“. Insbesondere sind die „Einführung staatskirchlicher Rechtsformen“ und die „Privilegierung bestimmter Bekenntnisse“ und die „Ausgrenzung Andersgläubiger“ verboten. Der Staat darf sich folglich nicht mit bestimmten religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnissen identifizieren.

Ein Widerspruch der Präambel zu der religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates läge nur dann vor, wenn die Präambel sich für einen christlichen Staat ausspräche oder den Einzelnen auf den christlichen Glauben festlegen würde.“

(Deutscher Bundestag - Wissenschaftliche Dienste)

Das deutsche Grundgesetz ist daher konträr zu den Verfassungen islamischer Gottesstaaten. Trotz seines religiösen Bezugs ist Deutschland ein für alle Menschen offenes Land – seien sie nun religiös geprägt oder nicht.

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