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Sechzehn
ОглавлениеGegen seine Gewohnheit hörte Horst Krock sich seine Reportage noch einmal an. Gute Arbeit machte eben zufrieden.
Vorspann.
Ein weiterer Paderborner Lehrer wurde ermordet aufgefunden, der dritte innerhalb von sechs Wochen. Der Tote wurde abends gegen elf Uhr im Arbeitszimmer von seiner Frau gefunden. Vom Tatort berichtet unser Reporter Horst Krock.
Krock
Der siebenundvierzigjährige Lehrer Joachim Zollkappe lag auf dem Rücken in seinem Arbeitszimmer vor dem geöffneten Fenster. Wenngleich der Fall ein paar ungewöhnliche Merkmale aufweist, ist die Polizei sicher, dass es sich um den mordenden Wahnsinnigen handelt, der schon zwei Paderborner Lehrer umgebracht hat. Herr Berger, was können Sie zum Mord sagen?
Max
Es gibt eindeutige Verbindungen zwischen diesem Mord und den vorangegangenen. Wir sind jetzt davon überzeugt, dass ein Psychopath sich selbst auf die Menschheit losgelassen hat mit einem Groll auf Lehrer. Wir empfehlen allen Lehrern auf der Hut zu sein und nicht nur die Paderborner. Und wir bitten jeden, der letzte Nacht zwischen neun Uhr und Mitternacht in der Nähe der Greiteler Gärten 25 war, sich bei der Polizei zu melden, auch wenn Sie meinen, nichts bemerkt zu haben.
Krock
Die Polizei hat schon damit begonnen Bürger zu befragen, aber noch gibt es keine brauchbaren Beweise. Sicher scheint nur, dass es sich immer um den gleichen Täter handelt. Wie Kommissar Berger mir versichert hat, arbeitet die Polizei mit hohem Druck an der Lösung des Falles. Zu hoffen bleibt, dass der Mörder schnellstens dingfest gemacht werden kann.
Ende
Horst legte das Skript seiner Reportage auf den Tisch der Nachrichtenabteilung des PR.
„Verdammt gutes Zeug“, sagte Horst, „wir haben die Nase ganz vorn im Wind.“
„Wer um alles in der Welt hat es auf Lehrer abgesehen?“
„Alle Welt.“
Ein Telefon klingelte. Der Redakteur nahm das falsche ab, legte auf, nahm das falsche ab und hatte Glück mit dem dritten Telefon.
„Ist für dich“, sagte er und reichte Horst den Hörer.
„Hallo!“ Horst ahnte, wen er an der Strippe hatte.
„Das ist viel besser Horst.“ Es war dieselbe Stimme, artikuliert und gespenstisch näselnd.
„Was ist viel besser?“
„Ihr Bericht heute Morgen. War gut, war noch ein wenig farblos, war aber okay.“
„Wer spricht da?“
„Oh oh, Horst. Die Komik überlässt du besser den Komikern, du Clown. Nur wissen Sie, der Ausdruck „Wahnsinniger“, wissen Sie Horst, die Formulierung, da haben Sie wirklich daneben gegriffen.
„Von wo rufen Sie an?“
„Clown! Wahnsinnig. Was ist denn Wahnsinn? Ich will Ihnen mal meine Definition von Wahnsinn geben, ja? Wahnsinnig ist, wer immer wieder das Gleiche tut, aber andere Ergebnisse erwartet. Ist nicht von mir, ist von so einem Schlaumeier. Danach bin ich nicht wahnsinnig, können Sie mir glauben.“
„Also nun, wollen wir aber…“
„Und noch was. Sie haben ihnen nichts von meiner Ankündigung gesagt. Warum nicht? Ich finde Sie sollten der Sensationsmeute das sagen, Horst. Ich denke, Ihrem Text würde das mehr Pfeffer geben. Ich kann meine Nachrichten auch an eine Zeitung schicken. Das wäre aber so vulgär.“
Ein anderes Telefon klingelte, der Anruf war aber zum Ärger des Redakteurs ebenfalls für Horst.
„Er spricht auf der anderen Leitung“, knurrte er.
„Ich muss mit ihm sprechen.“ Die Stimme klang müde, aber unverwechselbar. „Das Disziplinarverfahren ist noch nicht formal beendet worden und…“
„Oh, Scheibenhonig“, sagte der Redakteur. „Horst…“
„Nicht jetzt.“
„Aber Horst. Ich denke, du solltest mit ihm reden.“
„Ich kann nicht.“
Der Redakteur drückte Horst den Hörer in die Hand. Aber der Wahnsinnige war noch an seinem linken Ohr.
„Sie erzählen ihnen von meinen Botschaften, nicht wahr, Horst? Damit kommt ein Tropfen Leichtsinn und Übermut in die Angelegenheit, meinen Sie nicht auch Horst?
Der andere Verrückte an seinem rechten Ohr sagte: „Herr Krock. Ich muss darauf bestehen, dass Sie sofort ihre Aufgaben in der Beschwerde- und Korrespondenzabteilung aufnehmen.
„Quark“, brüllte Horst.
„Wie bitte?“ Der Wahnsinnige klang nicht sonderlich amüsiert, etwas Scharfkantiges lag in der Stimme.
„Ich meinte nicht Sie“, antwortete Horst.
„Das höre ich gern“, sagte Gallenstein.
„Nun zu meiner nächsten Menschheitsbeglückung“, sagte der Wahnsinnige.
„Sie meinen Mord?“, fragte Horst.
„Mord“, sagte Gallenstein, „Sie können nicht den Personalchef des PR ermorden. Das wäre eine schwere Übertretung der Personalanweisungen Paragraph…“
„Oh, Quarkarsch!“, sagte Horst.
„Manieren, Horst, Manieren“, sagte der Wahnsinnige.
„Die Korrespondenzabteilung wartet“, quäkte Gallenstein.
„Was ich dieses Mal vorhabe, Horst, Sie haben doch Sinn für Humor, oder?
„Humor, nein, den hab ich nicht du Ausgeburt der Hölle.“
„Beleidigung im Dienst, Herr Krock, bedeutet nach Paragraph 112, Absatz 3…“
„Quark und noch mal Quarkarsch!“
Das dritte Telefon des Redakteurs klingelte. „Kann ich Horst bitte sprechen?“