Читать книгу Die letzte Lektion - Friedrich Wulf - Страница 20

Siebzehn

Оглавление

„Misstraue den Worten“, sagte Guido, „denn mit Worten täuschen, lügen und trügen wir.“

Creme-Peierstorf kicherte. „Nur zu wahr, Guido. Gut gesagt, sehr gescheit von dir.“

„Es wäre noch gescheiter gewesen, hätte Heinrich Heine es nicht vorher gesagt“, seufzte Guido.

„Wer?“

„Nicht so wichtig, aber Sie müssen etwas Intelligentes über die Wirtschaft sagen.“

„Gütiger Himmel, muss ich? Warum?“

„Weil, die Wirtschaft ist der wichtigste politische Sektor. Herrgott, seit Jahren wurde jede Wahl durch Wirtschaftsfragen entschieden.“

„Oh Gottchen, aber du hast wohl recht.“

„Also, was ich vorschlage: Diese unsere Partei - die Reform-Partei kann nicht breitärschig auf Marx’ Schultern sitzen.“

„Warum nicht?“

„Wir müssen deutlich sagen - was wir…“

„Warum nicht?“

„Warum können wir Marx nicht auf dem Buckel sitzen?“

„Weil, auch wo Marx noch zu gebrauchen wäre, ist er nicht mehr zu gebrauchen.“

„Ich verstehe.“

„Also!“ Guido holte Luft, dem Führer der Reform-Partei die elementarsten Fakten der Parteistruktur zu erklären. „Das Problem mit unserer Partei ist, dass sie einen rechten Flügel hat.“

„Einen rechten Flügel“, papageite Creme-Peierstorf.

„Ja. Und der rechte Flügel meint, die Leute hätten ein Recht reich zu werden, ja, und sogar reich zu bleiben.“

„Soso. Absolut! Ich bin völlig ihrer Meinung. Die Leute sollen reich bleiben.“

„Und dann gibt es den linken Flügel.“

„Einen ... linken... Flügel! Den auch noch!?“

„Ja. Sie wollen den Reichtum umverteilen zugunsten sozialer Gerechtigkeit und den Armen helfen.“

„Ich muss schon sagen, ein erstklassiger Plan.“

„Wie? Sie stimmen beiden Flügeln zu?“

„Aber ja doch, doch! Sehr vernünftige Positionen.“

„Also, das ist es, genau das, das ist zutiefst symptomatisch für die gewaltige intellektuelle Verwirrung, genau das ist das definierende Charakteristikum unserer Partei. Geistiges Schlingern.“

„Und du willst, dass ich das sage“, sagte Creme-Peierstorf.

„Natürlich sollen Sie das nicht sagen. Ich möchte, dass Sie einen Weg finden, diese beiden…, nun, diese beiden unterschiedlichen Sichtweisen unter einen Hut zu bringen, sozusagen.“

„Uhu, uhu! Raffiniert! Was meinst du, wie das angehen soll?“

„Sie versprechen, die Wirtschaft in eine vernünftige Richtung zu steuern.“

„Genau, was ich sowieso vorschlagen wollte“, sagte Creme-Peierstorf, „die Wirtschaft in eine verantwortungsvolle Richtung steuern und alles ist Eierkuchen.“

„Aber wohin wird der Kurs uns führen?“, fragte Guido.

Creme-Peierstorfs Kopf glühte im Rotlicht der untergehenden Sonne. „Zu Il Postino?“, fragte er heiter.

„Was soll das bedeuten?“

„Mein Abendessen. Will dich nicht länger aufhalten, alter Knabe. Du hast sicher noch eine Menge zu tun.“

„Also wirklich!“

„Neinnein, wirklich. Ich bin sicher, dass du allein viel besser arbeitest, mit deiner magischen Imagination.“

Und so verschwand Creme-Peierstorf Richtung Il Postino mit dem Gedanken, dass niemand versuchen sollte, die konträren Parteipositionen unter einen Hut zu bringen. Auf keinen Fall bei leerem Magen.

Die letzte Lektion

Подняться наверх