Читать книгу Kinder der Dunkelheit - Gabriele Ketterl - Страница 13

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Als der dunkle Schatten sich in das herrschaftliche Anwesen schlich, hatten die Hähne schon gekräht. Der Eindringling öffnete lautlos die schwere Pforte und schritt, ohne irgendein Geräusch zu verursachen, durch die große Halle. Unterhalb der geschwungenen Freitreppe zu den oberen Räumen stand ein herrlicher kunstvoll geschnitzter Tisch aus Zedernholz, auf dem mehrere Flaschen mit edlen Weinen und anderen köstlichen Tropfen standen. Er öffnete eine der Flaschen, goss sich ein Glas voll goldbrauner Flüssigkeit ein und schnupperte genießerisch daran. »Köstlich, ein gar edler Tropfen! Ich denke, den habe ich mir redlich verdient.«

Ein leises Geräusch ließ ihn herumschnellen.

»Ihr könnt von Glück sagen, dass Ihr noch einen Kopf habt, mit dem Ihr genießen könnt!«

Er blickte in den Lauf eines Gewehres, schien allerdings in keiner Weise irgendwie beeindruckt von der riesigen Waffe. »Ich bitte Euch, Don Ricardo. Ihr solltet den Überbringer guter Nachrichten etwas freundlicher empfangen.«

Don Ricardo ließ die Waffe mit einem leisen Lachen sinken. »Es kommt ein wenig auf die Tageszeit an, zu der mir diese Botschaften überbracht werden. Ihr wisst, dass ich Überraschungen nicht besonders zu schätzen weiß.«

Der Fremde zog sich mit einer langsamen Bewegung die Kapuze vom Kopf und streifte seinen Umhang ab. »Für das, was ich Euch heute bringe, würdet ihr sogar meine Füße küssen.«

Don Ricardo zog bei dieser Ankündigung spöttisch die Augenbrauen hoch. »Ihr kennt mich wohl noch nicht recht, Don Alonso ... oder wäre Euch die Bezeichnung ›Eminenz‹ lieber?«

Der so Angesprochene zuckte merklich zusammen. »Wie Ihr wohl wisst, Don Ricardo, heiligt der Zweck die Mittel, doch sollten wir ein wenig an Vorsicht walten lassen. Daher darf ich auch weiterhin darum bitten, der einfache Don sein zu dürfen, der Euch zu Diensten war.« Er griff in eine Falte seines Umhangs und förderte eine Schriftrolle zutage, auf der ein deutlich sichtbares rotes Siegel prangte.

Die Augen Don Ricardos wurden nun doch ein wenig größer und seine Gesichtszüge büßten etwas von der gewohnten Contenance ein. »Ihr wollt sagen, Ihr hättet es tatsächlich bewerkstelligen können? Es ist Euch gelungen, das Dokument zu bekommen?«

Don Alonso lachte bitter auf. »Es war so leicht! Noch vor wenigen Jahren hätten mich die Majestäten wohl ausgelacht. Heute – in Zeiten, in denen sie so dringend ihre Schatzkammern wieder füllen müssen und in denen dank des blühenden Landes enormer Reichtum winkt – sehen sie nur noch das Gold und die neuen Güter am Horizont. Alte Freundschaften, alte Verbindungen, all das gehört der Vergangenheit an. Das Blatt hat sich gewendet. Meine Schilderung, dass alles verlassen sei, hat das seinige dazu getan. Nun lasst Eurerseits Taten folgen! Wollt Ihr Eure Hand auf den Besitz legen, so müsst Ihr nunmehr handeln, und zwar rasch.«

Don Ricardo schritt unruhig durch die Halle. Seine Augen wanderten immer wieder zu der Schriftrolle, die ihm wie die Verheißung der ewigen Glückseligkeit erschien. Er hatte so lange darauf hingearbeitet! Er war geduldig gewesen; hätte er den falschen Zeitpunkt gewählt, wäre möglicherweise alles verloren gewesen. Doch jetzt hatte sich alles auf das Wunderbarste ergeben. Seine Wünsche standen vor ihrer Erfüllung, all seine Wünsche! Aber Don Alonso hatte recht. Er würde zügig reagieren müssen, niemand durfte Verdacht schöpfen. Je schneller er handelte, desto besser.

Er trat an den Tisch und griff nach der Schriftrolle. Andächtig strich er über das wächserne Siegel der Königlichen Hoheiten Ferdinand und Isabella. Es war dieses Siegel, das seine langen Bemühungen nun mit Erfolg krönen würde. Jetzt stand ihm nichts mehr im Wege – bis auf den Einen.

Kinder der Dunkelheit

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