Читать книгу Kinder der Dunkelheit - Gabriele Ketterl - Страница 23
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Mohammed glitt aus dem Sattel und sah sich um. Schemenhaft erkannte er das kleine Tor am hinteren Ende des großen Gartens und schlich leise darauf zu. Noch konnte er Ana nirgends erblicken. Ein wenig ratlos blickte er auf die schmale Pforte. Wie wollte Ana denn hier ihr Pferd hindurch bekommen? Es war totenstill.
Vorsichtig drückte er mit der flachen Hand gegen das verwitternde Holz und tatsächlich öffnete sich die kleine Tür einen winzigen Spalt. Doch was er dann erblickte, schockierte ihn: Don Ricardos zynisches Lächeln war etwas, das zu sehen er nicht erwartet hätte. Er wurde nach vorn gerissen, verlor das Gleichgewicht und stürzte der Länge nach in das gepflegte Rosenbeet.
»Nun sieh einer an, wen haben wir denn da? Wenn das nicht Mohammed al Hassarin ist, der sich als Einbrecher versucht. Was könnte er nur hier wollen? Männer, helft mir doch ein wenig, ihr seht mich ratlos! Was sucht ein Ungläubiger im Hause guter Christen?«
Die Stimme des Dons triefte vor Hohn, als er sich zu seinen Schergen umwandte. »Wartet, ich ahne es. Da fiel mir doch dieser in geistiger Umnachtung von Ana – welche übrigens, das möchte ich hier doch kurz erwähnen, meine Verlobte ist – geschriebene Brief in die Hand. Zufällig, rein zufällig! Doch zum Glück für alle Seiten, außer wahrscheinlich für dich, mein maurischer Freund, konnte ich rechtzeitig einschreiten und die junge Herzogin vor einer großen Dummheit bewahren.« Wieder huschte ein spöttisches Lächeln über Don Ricardos Gesicht, als er in seine Tasche griff und ein zerknülltes Blatt Papier hervorzog.
Mohammed versuchte aufzuspringen, wurde aber sofort grob mit dem Griff eines Schwertes wieder zu Boden geschlagen. »Was … habt Ihr … mit Ana gemacht?«, keuchte er.
Das Lächeln des Dons verbreiterte sich. »Nichts, mein Junge, gar nichts. Ana wird vergessen, sie ist jung, und Jugend neigt zu unbedachten Handlungen. Die Tatsache aber, dass du ihr diese Entführung schmackhaft gemacht hast, wird dich wahrlich teuer zu stehen kommen.« Ricardo wandte sich um, ohne Mohammed eines weiteren Blickes zu würdigen. »Männer, er gehört euch! Ihr wisst, was ihr zu tun habt. Ich selbst werde mich nun damit vergnügen, die Familie des törichten jungen Mannes hier auszulöschen. Leb wohl, Mohammed.«
Mohammed sah durch den Schleier aus der blutenden Kopfwunde, wie sich der Don auf den weißen Hengst schwang. Als einer der Männer ihm den Mantel von den Schultern riss, begriff er, was der Don vorhatte.
»N...« Mohammed wollte schreien, doch er kam nicht mehr dazu. Ein Lederriemen wurde ihm grob zwischen die Zähne gedrückt, und trotz heftiger Gegenwehr hatte er gegen zwanzig geübte Kämpfer keine Chance. So musste er hilflos mit ansehen, wie der Don in der Nacht verschwand.
Erbittert versuchte er weiterhin freizukommen, bis er einen Stich zwischen seinen Rippen fühlte. Er bäumte sich daraufhin mit enormer Kraft auf, schaffte es, seinen linken Arm zu befreien und schlug den Mann neben sich mit dem Ellenbogen nieder. Ein weiterer, dieses Mal tieferer Stich folgte, und Mohammed ging keuchend in die Knie. Benommen musste er sich mitschleifen lassen, hinab zur Straße, die aus der Stadt führte. Mohammed begriff, dass er dem Tod entgegentaumelte.