Читать книгу Kinder der Dunkelheit - Gabriele Ketterl - Страница 27

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Das Töten war von jeher sein Handwerk gewesen. Sebastian führte Don Ricardos Truppe nun schon seit vielen Jahren an, er hatte nie etwas dabei empfunden, wenn er Menschen auftragsgemäß getötet hatte. Bis zu dieser Nacht, bis zu dem Augenblick, als Fathwa al Hassarin sich schützend vor ihren Sohn geworfen hatte, als die Männer sie brutal beiseitestießen und der Junge, so tapfer er sich auch verteidigt hatte, von der Übermacht niedergemetzelt wurde.

Sebastian hatte ihre Augen gesehen, als ihr Kind starb, und dann diesen Schrei gehört – einen Schrei, den er sein Leben lang nicht mehr vergessen würde. Er wusste nicht, weshalb – in seinem Leben hatte er schon so viele Todesschreie gehört, niemals hatten sie ihn auch nur im Geringsten berührt. Doch dieser Schrei war anders als alle anderen. Fathwa hatte sich, weiterhin schreiend, gleichzeitig losgerissen und sich in ihr Messer gestürzt, das sie, schneller als der Blick folgen konnte, aus einer verborgenen Falte ihres Gewandes hervorgezogen hatte. Und da war mit Sebastian etwas geschehen. Zum ersten Mal in seinem Leben empfand er tiefe Bewunderung und auch Respekt für einen Gegner, für diese mutige Frau. Als er sah, wie Juan den leblosen Körper mit Tritten traktierte, wallte Zorn in ihm auf. Mit zwei Schritten war er bei dem Mann, riss ihn zu sich herum und schlug ihm mit solcher Kraft in das ausdruckslose Gesicht, dass er von der Wucht des Schlages umkippte und rücklings hinfiel.

Bevor er wütend aufspringen konnte, hielt Sebastian ihm das Schwert an die Kehle. »Wag es nie wieder, eine Tote so zu behandeln! Diese Frau hat unseren Respekt verdient. Sollte ich so etwas noch einmal sehen, ziehe ich dir die Klinge über deine dumme Visage, hast du verstanden?«

Juan war einfältig, aber nicht lebensmüde. »J-ja, Commandante, alles klar«, stammelte er.

Sebastian wandte sich ab und ging zu der großen Terrasse vor dem Haus. Suchend glitt sein Blick über diverse Stühle und Diwans. Auf einem erblickte er ein großes buntes Tuch. Er ergriff es, ging zu dem Leichnam der Frau hinüber und wickelte sie behutsam darin ein. Dann nahm er sie hoch und trug sie langsam hinaus, wo seine Männer bereits, den Anweisungen des Don folgend, zwei Scheiterhaufen errichtet hatten, auf denen sie die Toten verbrannten.

Sebastian legte den Körper Fathwas vorsichtig auf einige große trockene Äste und schichtete Reisig um sie herum auf. Er nahm eine Fackel und zündete Holz und Reisig eigenhändig an. Seine Männer sahen erstaunt zu ihm hinüber, doch keiner wagte, auch nur ein Wort zu sagen. Sebastian wartete, bis der Leichnam gänzlich in Flammen stand, dann stapfte er wortlos zurück zum Haus.

Sebastians Augen sahen vieles. So sah er auch, wie sich einige der Männer verstohlen kleine Schätze in ihre Beutel steckten. Er würde sie nicht verurteilen, doch es widerte ihn an. Langsam schritt er durch die Halle und blickte auf die wenigen verbliebenen Bilder, die dort noch die Wände zierten. Es gefiel ihm, was er sah, hier war jemand mit gutem Geschmack am Werk gewesen. Über einer kleinen Mauernische hing ein großes Porträtgemälde. Es zeigte Mohammed – den, dessen Tod dem Don am meisten am Herzen lag. Der Grund war leicht ersichtlich. Mohammed war das pure Gegenteil des harten, mit Schönheit oder Wärme nicht im Ansatz gesegneten Granden.

Gerade wollte Sebastian sich abwenden, als ihm die kleinen Blutspritzer zu seinen Füßen auffielen. Sie waren auf dem bunten Mosaik des Bodens fast nicht zu erkennen, doch seinem geschulten Auge entgingen verräterische Spuren kaum. Sein Blick fing sich im Dunkel der Mauernische. Als er herantrat, setzte sein Herz kurz aus, um schnell seine Arbeit wieder aufzunehmen, genau wie Sebastians scharfer Verstand.

Minuten später verließ er das Haus, dabei trug er ein eng geschnürtes, azurblaues Bündel, und stieg auf sein wartendes Pferd. Im Vorbeireiten warf er seinen Männern noch letzte Anweisungen zu, dann ritt er zur Stadt, während der erste Schein der Morgendämmerung sich zaudernd zeigte.

Kinder der Dunkelheit

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