Читать книгу Kinder der Dunkelheit - Gabriele Ketterl - Страница 19

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Pedro fühlte sich miserabel, doch ihm war durchaus bewusst, dass seine Frau und sein Kind es nicht überleben würden, wenn er diesen Auftrag nicht wunschgemäß erfüllte. Auf dem Weg zu seinem ehemaligen Zuhause, denn das war das Anwesen Yussuf al Hassarins für ihn durchaus gewesen, fragte er sich immer wieder, wie er nur in diese hinterhältige Intrige hatte hineinrutschen können. Dieser verfluchte Juan und sein Hass auf die Mohammedaner, sein ewiger Neid auf deren Besitztümer! Wäre Juan nicht so stinkfaul, so hätte er es bei den al Hassarins bestimmt selbst zu einem ansehnlichen Vermögen bringen können. Sie hatten immer gut bezahlt und auch die Familien ihrer Diener nie vergessen. Trotzdem war es so weit gekommen, dass er jetzt wie ein Tagedieb dorthin schlich und dabei war, die Familie zu verraten. Er straffte die Schultern und ging tapfer auf den verblüfften Fathi zu, der ihm mit zornigem Blick entgegensah.

»Kommt da eine Ratte zurück auf das sinkende Schiff, oder wie darf ich das auffassen?«

»Nein, Fathi, bitte, das ist alles ein großes Missverständnis; ich wäre schon früher gekommen, aber ich konnte nicht! Juan ist in die Dienste von Don Ricardo getreten. Ich habe geahnt, dass das böse Folgen haben wird, und mich ihm vorsichtshalber angeschlossen.«

»Ah, vorsichtshalber? Für wie dumm hältst du mich eigentlich?«

»Ich habe immer gut gearbeitet und mir nie etwas zuschulden kommen lassen! Bitte glaub mir, es hat sich gelohnt, dass ich dort war: Ich habe mitbekommen, dass Don Ricardo mit der Unterstützung von Juan einen Angriff auf die Familie plant. Sie wollen im Laufe der Nacht das Haus überfallen. Sie haben sich für drei Stunden nach Mitternacht verabredet, dann wollen sie hierherkommen und die ganze Familie gefangen nehmen, mit der Begründung, dass sie von einer Verschwörung aller Sarazenen Granadas Kenntnis erhalten hätten. Ich flehe dich an, glaub mir! Die al Hassarins müssen noch heute Abend fliehen! Die Dunkelheit wird ihnen Schutz bieten, der Weg zur Küste ist mit Pferden und Wagen gut zu bereisen. Sie können ihnen entkommen. Bitte sag es dem Herrn, ich will nicht, dass ich umsonst von hier fortgegangen bin wie ein Dieb in der Nacht.«

Fathi schien unsicher, das war ein gutes Zeichen. Er kannte Pedro schließlich als ehrlichen und guten Arbeiter. »Wenn du lügst, reiße ich dir eigenhändig die Hoden ab und verfüttere sie an die Hunde, hast du mich verstanden?«

Pedro schluckte. Wohin er derzeit auch blickte, seine Zukunft sah nicht gerade rosig aus. »Ja, Fathi, ich habe dich sehr gut verstanden.«

»Komm mit.« Fathi durchmaß mit großen Schritten den Hof und eilte ins Haus. Im Innenhof stießen die beiden Männer fast mit Yussuf al Hassarin und seinem ältesten Sohn zusammen.

»Verzeiht, Herr, aber Pedro hat Euch etwas zu erzählen, von dem ich glaube, dass es tatsächlich wichtig sein könnte.« Fathi schubste Pedro nach vorn. »Los, erzähl deine Geschichte, dann werden wir sehen, ob sie ihr Bedeutung beimessen.«

Es dauerte eine Weile, doch schließlich schaffte Pedro es, die Geschichte, die Juan ihm ins Hirn gehämmert hatte, noch einmal im exakt gleichen Wortlaut wiederzugeben. Er sah, wie Mohammed und dessen Vater immer wieder bedeutsame Blicke austauschten. Als er geendet hatte, legte ihm Yussuf al Hassarin eine Hand auf die Schulter.

»Pedro, wir stehen in deiner Schuld. Wir werden deinem Rat folgen. Ich danke dir, auch im Namen meiner Familie. Warte.« Yussuf wandte sich an Fathi und flüsterte ihm etwas ins Ohr, woraufhin der Riese mit unerwarteter Schnelligkeit verschwand und schon nach wenigen Augenblicken, die Pedro wie eine Ewigkeit erschienen, wieder zurückkam. Er legte einen kleinen, klimpernden Lederbeutel in die Hände seines Herrn.

Yussuf wog den Beutel kurz in seiner Hand und bedeutete dann Pedro, näher zu ihm heranzutreten. »Hier, Pedro, das hast du dir verdient – dafür, dass du bereit bist, unser Leben zu retten. Nun geh, ich möchte nicht, dass du Probleme bekommst.« Er legte den Beutel in Pedros Hände.

»Danke, Herr, tausend Dank! Doch das hätte ich auch ohne Geld getan, das müsst Ihr mir glauben!«

Yussuf nickte nur abwesend. »Schon gut, und nun geh.«

Pedro rannte davon wie vom Teufel gehetzt, er wollte nur noch weg. Er hatte die al Hassarins verraten, ausgerechnet diejenigen Menschen, die ihm noch nie etwas Böses getan hatten! Und sie hatten ihn für seinen Verrat auch noch bezahlt! Konnte er noch tiefer sinken? Wohl kaum!

Kurz vor seinem Zuhause verlangsamte er seine Schritte und öffnete den Beutel. Silberdublonen, reine, glänzende Silberdublonen glitten in seine schweißnasse Hand. Mit Silberlingen war schon einmal ein Verräter bezahlt worden. Pedro ging in seinen Garten, setzte sich unter den Zitronenbaum und vergrub sein Gesicht in Händen.

Kinder der Dunkelheit

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