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Herr Sanong

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Der Boss von Herrn Aee, der Immigration Supervisor Herr Sanong, würde wie gewohnt seine Krankmeldung sofort gutheissen, das wusste er. Der Dienst hier war ja auch sehr anstrengend, und Herr Sanong war seit einigen Monaten ein sehr verständiger und beliebter Vorgesetzter, seitdem seine Mitarbeiter ihm bei der Lösung eines schwerwiegenden Problems geholfen hatten:

Herr Sanong hatte einen Spitznamen, den er, wenn er ihn zufällig mal hörte, mit einem Schmunzeln zur Kenntnis nahm.

„Herr Sanong, der Mächtige“ wurde er genannt.

Dieser Zusatz bezog sich allerdings weniger auf seine Dienststellung, sondern vor allem auf sein Äusseres, das durchaus als „Mächtig“ zu bezeichnen war.

Er brachte 168 kg auf die Waage. Morgens, nach seiner Morgentoilette. Im Laufe des Tages kam er dann schon mal je nach Tageszeit auf 173 bis 176 Kilogramm, nach seinen ausgedehnten Mahlzeiten, für die er sich jeweils eine Stunde Zeit liess. Seine Verwandten wunderten sich manchmal über seine Leibesfülle, denn Herr Sanong versicherte hoch und heilig, wenn mal wieder die Sprache auf seine ‚Körperstärke’ kam, dass er nur drei Mal am Tage speise. Das stimmte tatsächlich, allerdings kam er schon bei seiner Frühmahlzeit am Morgen auf mindestens drei Gänge.

Eines Tages dann war es passiert: Er hatte sich erschöpft von seinem Mittagsspaziergang in seinen Stuhl fallen lassen. Es war einer der Stühle aus verchromtem Stahlrohr mit stabilen seitlichen Armstützen, die überall im Office herumstanden. Er ruhte sich kurz aus, und wollte wieder aufstehen, um sich zur Toilette zu begeben.

***

Was war das? Seine seitlich hervorquellenden Oberschenkel hatten sich derart unter den seitlichen Armlehnen verklemmt, dass er jedes Mal, wenn er aufzustehen versuchte, den Stuhl mit in die Luft hob.

So musste er zwei seiner Mitarbeiter bitten, den Stuhl festzuhalten, während er versuchte, sich aus dem Stuhl heraus zu winden.

Als dies nicht gelang, wurde er unwirsch, stellte sich aufrecht hin, und forderte die Mitarbeiter auf, den klemmenden Stuhl von seinem Hintern wegzuziehen. Dies gelang nach vier Versuchen, allerdings riss seine Hose seitlich ein. Dieses Beinkleid war noch keine zwei Monate alt.

Dies erboste Herrn Sanong zusätzlich, da es nicht leicht war, überhaupt Kleidungsstücke für ihn zu besorgen. Wenn seine Frau sich auf die Suche nach solchen machte, dauerte es immer mindestens einen halben Tag. Dafür, dass solch eine Suche lange dauerte, hatte Herr Sanong Verständnis, aber dass seine Frau von diesen Einkäufen immer mit mehreren Taschen mit eigenen, modernsten Bekleidungsstücken zurückkam, verdarb ihm regelmässig die Laune.

Jetzt war wieder eine Hose fällig, und damit ein weiterer, teurer Shoppingtag für seine Geldbörse!

Aus dem Stuhl befreit, gab Herr Sanong die Anweisung, sofort von einem der Stahlrohrstühle die beiden Armstützen abzusägen, damit sich ein solches Missgeschick nicht mehr wiederholen möge.

Gesagt getan, nun war es auch kein Problem mehr für ihn, ohne fremde Hilfe aufzustehen. Nur hätte der Stuhl nun zum bequemen Sitzen die doppelte Breite haben müssen. So liess er einen doppelt breiten Stuhl anfertigen. Als er sich genussvoll in diesen Stuhl gleiten liess, gab es einen knirschenden Ton und der Stuhl brach genau in der Mitte auseinander.

Herr Sanong landete mit einem schmerzhaften Aufschrei auf dem Fussboden.

Er hatte sich offensichtlich das Steissbein verstaucht, und stöhnend nach seinen Mitarbeitern gerufen. Zu dritt wollten sie ihm wieder auf die Beine helfen, und als sie ihren Chef schon beinahe in senkrechte Position gebracht hatten, stöhnte er wegen des schmerzenden Steissbeins sehr laut auf, worauf der Mitarbeiter, der ihn von vorne nach oben ziehen sollte, erschrak, und den mächtigen Oberkörper losliess. Für die beiden Männer, die ihn seitlich angehoben hatten, wurde das Gesamtgewicht, das jeder nun zu stemmen hatte, zu gross, und mit einem Fluch liessen die Beiden ebenfalls los.

So landete Herr Sanong wieder mit einem lauten Plumps auf dem Fussboden. Sein Schmerzensschrei hallte durch das Office, und man einigte sich erschrocken darauf, den Ambulanzwagen des nahegelegenen Hospitals herbei zu rufen.

Nach wenigen Minuten erschienen zwei weissgekleidete Sanitäter mit einer Tragebahre im Büro. Diese stellten sie neben ihn ab. Nachdem man mit vereinten Kräften den jammernden Herrn Sanong auf diese Bahre gerollt hatte, und er mit dem Bauch nach unten darauf angeschnallt lag, da sein Hintern inzwischen furchtbar schmerzte, verstärkten zwei seiner kräftigsten Mitarbeiten das Sanitäterteam, um die Bahre hoch zu wuchten.

Es packten zwei zusätzliche, kräftige Hände an, und hoben die schwere Last hoch. Ab ging es nach draussen zum Krankenwagen.

Dann geschah die Katastrophe:

Genau auf halbem Wege zwischen wartendem Krankenwagen und Ausgangstür brach die Bahre unter der Überlast in der Mitte durch und der Ärmste landete wieder auf dem Boden.

Herr Sanong schrie wie am Spiess, und war auch auf der Bauchseite mit blauen Flecken übersäht. Mit Hilfe aller seiner Mitarbeiter gelang es schliesslich, Herrn Sanong wieder auf die Beine zu stellen, und ihn mit Müh’ und Not doch noch ins Hospital zu bringen. Er war darauf sieben Wochen im Hospital geblieben.

Ein weisser Koffer

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