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Herr Prem in Not

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„Wo ist der Tee,” schrie Herr Prem.

Er hatte soeben die Küche betreten und sah sich suchend um. Kein Reis, kein Gemüse und kein Tee da!

Er rief lauter: „du weisst, dass ich morgens immer Kopfweh habe. Verfluchtes Weibsstück!“

Keine Antwort.

Sollte ich wieder die Nachbarin nach Tee fragen?

Er blickte zufällig aus dem kleinen Küchenfenster und bemerkte eine Bewegung.

Er sah genauer hin: tatsächlich, da, auf seinem kleinen, innenliegenden Balkon: das war Lee. Er sass auf dem hölzernen Balkongeländer. Wenn er den erwischen würde – heute Morgen. Das wäre ein Freudentag! Wenn er nah genug herankäme!

Er würde ihn töten – wenn er nur nahe genug herankäme. Wenn!

Mit einem Schlag war er hellwach.

Er erstarrte: jetzt nur keine Bewegung.

Seine Augen suchten die gegenüberliegenden Balkone ab.

Keine Bewegung, keine Menschenseele zu sehen.

Niemand wird mich beobachten.

Sein kleiner, innenliegender Balkon war von den Nachbarhäusern rechts und links nicht einsehbar.

Vorsichtig und langsam ging er in die Knie. Im Zeitlupentempo. Ganz sachte langte er nach dem schweren eisernen Schürhaken, der rechts neben dem Holzkohleherd an der Wand stand. Mit eiserner Kraft umspannte er, zum Töten bereit, den gedrechselten Mahagonigriff.

Dann straffte er sich in höchster Anspannung.

Ein Schlag nur; aber der muss sitzen.

Die Tür zum Balkon stand wie immer offen. Da musste er hindurch, nach aussen.

Lee schaute vor sich hin – bewegungslos. Vielleicht war er eingedöst.

Herr Prem machte einen kleinen Schritt zur Seite. Lee reagierte nicht. Noch einen Schritt nach rechts. Keine Reaktion. Jetzt musste er nach vorn, durch die Tür. Ein Schritt nach vorn. Nur kein Geräusch jetzt, so kurz vor dem Ziel.

Noch einen Schritt nach vorn. Und jetzt noch ein beherzter Satz.

Er hob die rechte Hand mit dem Schürhaken über seinen Kopf. Er ging etwas in die Knie. Dann kam der Satz nach vorn. Jetzt war er noch einen halben Meter von Lee entfernt, und der hatte nichts bemerkt. Er hob die Rechte höher und liess die Hand mit dem Haken niedersausen. Als der Haken nur noch vierzig Zentimeter von Lee’s Kopf entfernt war, machte dieser einen Satz zur Seite nach vorn, auf das nächste Balkongeländer.

Der Haken krachte auf das Geländer, das Holz der Brüstung zersplitterte.

Lee hatte es wieder einmal geschafft. Herr Prem war stinksauer.

Der Tag fängt ja gut an. Wie hätte ich mich gefreut.

Lee war der fetteste Kater in der Nachbarschaft. Und er war auch nicht so alt, wie die anderen Katzen. Obwohl es nun schon ein Jahr her war, dass er eine Katze erschlagen hatte.

Als ob sie sich verabredet hätten, diese Katzen, ihm aus dem Weg zu gehen. Das hätte eine feine Suppe gegeben. Wenn man eine Katze nur lange genug kocht, kann man sie auch gut essen. Verflucht!

Ein weisser Koffer

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