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Nagelprobe

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Innerhalb von knapp fünf Minuten hatte er die Passformalitäten auf kambodschanischer Seite hinter sich gebracht. Am thailändischen Grenzhäuschen auf der anderen Strassenseite standen zwei Touristen.

Er stellte sich hinter ihnen an.

Jetzt aufpassen und keinen Fehler machen!

Sein Herz schlug ihm bis zum Halse.

Ruhig bleiben.

Wenn ich jetzt mit einem Kreislaufkollaps umfallen würde, schoss es ihm durch den Kopf, und ich würde untersucht, und aus irgendeinem Grunde mein Koffer geöffnet…

Jetzt war die Reihe an ihm.

Er füllte die Immigrations-Card aus und schrieb mit Grossbuchstaben auf die Rückseite einer zweiten Karte:

ATTENTION, PLEASE, CAUTION! I Must Speak With You Inside Your OFFICE, May Be, I Have DRUGS In My LUGGAGE. PLEASE Ask Me To Come Into Your Office!

Das Ganze unterstrich er zweimal.

Er hob vor dem Schalterbeamten seinen Pass hoch, zwinkerte ihm mit dem rechten Auge zu und schob den Pass mit der ausgefüllten Immigration Card und dann die Karte mit dem Warnhinweis oben drauf durch die Öffnung in der dunklen Glasscheibe zu dem Mann hin.

Der Beamte stutzte, blickte auf die beiden Immigration-Cards, blätterte im Pass, betrachtete beide Cards noch einmal, sah den Deutschen offensichtlich interessiert, und danach durchdringend an, und dachte offensichtlich nach.

Dann stand er langsam auf, ging zur seitlichen Tür, streckte den Kopf heraus, und forderte Gerhard mit einer energischen Handbewegung auf, ins Office zu kommen. Erleichtert betrat er den kühlen Raum, und nahm zufrieden zur Kenntnis, dass man von aussen durch die dunkelbraun getönten Scheiben unmöglich ins innere des Raumes schauen konnte. Die Sicht von innen nach aussen war dagegen kaum beeinträchtigt.

Der Officer bot ihm im hinteren Teil des Büros einen Stuhl an; seinen Pass legte er vor sich auf dem Tisch und daneben die Immigration-Card mit dem Warnhinweis.

Er stellte sich in gebrochenem Englisch vor:

„Mein Name ist Mr.Tong. Mr.Frings, was wollen sie von mir?“

Gerhard hob seinen Koffer auf den Tisch, öffnete ihn und legte den Beutel mit dem Pulver neben den Koffer auf den Tisch zwischen sich und dem Officer.

„Ich denke, dies sind Drogen – jemand hat die offensichtlich in meinen Koffer getan, und will, dass ich für ihn das Pulver über die Grenze nach Thailand bringe. Ich denke, dass ich seit heute morgen beschattet werde, und zwar von zwei Leuten. Von den beiden da drüben“.

Er zeigte mit dem Zeigefinger auf den Dicken und den Dünnen mit dem Blumenhemd, die auf der anderen Strassenseite standen und sich unterhielten.

Die Beiden müssen direkt nach mir über die Grenze gekommen sein; wie, ist mir schleierhaft, denn wir sind jetzt immerhin schon in Thailand.

„Die Beiden sind mir gefolgt, seit ich mein Hotel in Koh Kong verlassen habe; und wenn ich in ihre Richtung geschaut habe, haben sie sich immer weggedreht.“

Gerhard sah dem Officer voll ins Gesicht. „Ich will zurück nach Ko Chang. Wenn mir nachher Polizisten in Zivilkleidung folgen würden, könnten sie die Gangster in Thailand schnappen, sobald die an meinen Koffer wollen, um an ihr Rauschgift zu kommen. Was halten Sie davon?“

Der Officer steckte seinen Zeigefinger in die Tüte und lutschte daran.

Eine Zeit lang herrschte Stille, er sah Gerhard nachdenklich an.

Er dachte offensichtlich weiter nach, legte seinen Kopf zur Seite. Und bemerkte wohl, dass Gerhards Finger zitterten.

Schliesslich sagte er: „Interessant. Okay, wir werden uns darum kümmern. Lassen Sie sich Zeit, nach Trat zu kommen. Machen Sie sich keine Sorgen. Wir kümmern uns um diese Sache. Nehmen Sie nicht den nächsten Bus, sondern nehmen Sie den übernächsten Minibus. Dann können wir alles Nötige arrangieren. Don’t worry, don’t worry.“ Er legte den Beutel in Gerhards Koffer zurück, liess die Schnappriegel zuschnappen und stellte den Koffer neben dem Tisch auf den Boden.

Dann ging er zurück an seinen Fensterplatz, stempelte die Immigration-Card ab, machte die üblichen Eintragungen in den Pass, und gab ihn zurück.

Mit einem nochmaligen “Don’t worry, don’t worry“ lächelte er Gerhard nun an, schüttelte seine Hand, und deutete zur Tür.

Gerhard wollte noch nach den Einzelheiten der kommenden Polizeiaktion fragen, aber der Officer schüttelte heftig den Kopf, und wies noch mal zur Tür. Klar, er hatte jetzt einiges zu arrangieren, und ausserdem war es sicher nicht gut, wenn Gerhard übermässig lange hier im Büro blieb. Die Überwacher sollten keine Lunte riechen.

So nahm Gerhard seinen Koffer und den kleinen Rucksack, nickte ihm freundlich zu und ging nach draussen ins gleissende Sonnenlicht. Er schaute noch einmal zurück, aber da hatte der Officer schon einen Telefonhörer in der einen Hand und drehte mit der anderen an der Wählscheibe. Noch ein kurzes Nicken, und die Tür schloss sich.

„Auch gut so“, sagte sich Gerhard. Das Ganze hatte höchstens fünf Minuten gedauert, und jetzt lief die Sache…

Die beiden Typen, die ihn wahrscheinlich überwachten, waren nicht mehr zu sehen.

Ein weisser Koffer

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