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Obsternte

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Von nun an liess Gerhard diese Zelle nicht mehr aus den Augen. Und dann fiel der Groschen. Kurz darauf nämlich stellten sich wieder zwei Männer übereinander vor das Oberlicht; einer wiederum daneben. Der Obere griff mit der ganzen Länge seines Armes nach draussen, zuerst am rechten Rand vorbei. Er zog seinen Arm wieder herein und reichte dem danebenstehenden etwas in der Grösse eines Hühnereies.

Ein Ei war es aber nicht, denn es war grün. Diesen tastenden Greifvorgang an der Aussenwand wiederholte er noch mehrmals, bis er insgesamt acht der grünen Gegenstände in der Zelle abgeliefert hatte.

Nun versuchte Gerhard, einem Insassen aus der Nachbarzelle klar zu machen, dass er gerne wüsste, was man da reingeholt hatte. Dieser rief darauf etwas den Leuten in der viertnächsten Zelle zu. Nachdem der Dicke in dieser Zelle offenbar mit einer Handbewegung seine Erlaubnis signalisiert hatte, wanderte einer dieser Gegenstände durch die Gitter der Nachbarzellen bis zur gemeinsamen Zelle.

Es war eindeutig eine grüne Frucht. Beide rochen daran – nichts.

Dann ritzte Gerhard mit dem Daumennagel die Oberfläche an, und siehe da: den Geruch kannte er. Eindeutig Maracuja!

Da fiel ihm ein, dass vor Wochen auf einem Markt, als er dort die vielen fremden Früchte bewunderte, ihm eine besonders teure Fruchtsorte auffiel. Maracujas! Eine einzelne sollte 80 Baht kosten, mehr als eine grosse Flasche Singha-Bier.

Und er erinnerte sich an Maracuja Pflanzen, die er in Israel gesehen hatte. Das Zeugs rankte an Wänden hoch wie Efeu. Nun, hier musste es mindestens bis zum dritten Stock sechs Höhenmeter überwinden. Wegen der besonders effizienten Spezialdüngung war das Zeugs selbst in der Trockenzeit extrem ertragreich und konnte laufend abgeerntet werden. Die Früchte wurden regelmässig Besuchern mitgegeben, die sie dann wohl zu Geld machten und dafür gekochten Reis und Zigaretten zurückbrachten.

Der Extrareis wurde dann immer zuerst den Dicken gereicht, die allerdings nie alles aufassen, sondern auch immer etwas den Dünnen abgaben.

Interessant – Gerhard bewunderte den Einfallsreichtum der Leute hier in den Zellen.

Als er die Frucht zurückgegeben hatte, stieg er auf Rainers Schultern, und tastete an allen erreichbaren Stellen rund um das Oberlicht die Aussenwand ab.

Nichts zu finden. Schade, aber diese Zelle wurde wohl immer mit Ausländern belegt, die nie auf die Idee gekommen waren, ihre Scheisse aus dem Fenster zu kippen,

Als der gemeinsame Eimer das nächste Mal geleert wurde, wurde beiden, wohl als Honorar für die Scheisse, eine Zigarette auf dem Weg über die Nachbarzellen gereicht

So kann man tatsächlich aus Scheisse Geld machen, und zwar auf ehrliche Art und Weise, und das sogar im Knast!

Ein weisser Koffer

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