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Unerwartete Hilfe

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Herr Naumann kam ins Grübeln.

„Unten im Süden haben wir keine Einflussmöglichkeiten, schon gar nicht auf die Polizei! Aber halt, ich habe da eine Idee – vielleicht gibt es doch einen Weg, wie ich Ihnen helfen kann. Da schuldet mir noch jemand was!“

Er griff zum Telefon, und führte ein kurzes Telefonat. Zufrieden lächelnd legte er den Hörer wieder auf. „Scheint zu klappen.“

Chris horchte auf.

„Sie müssen wissen: ich fing hier während der Katastrophe mit Pol Pot an. Es war eine schlimme Zeit. Ich weiss nicht, was ihnen darüber bekannt ist. Seine Bande wollte aus dem Land einen steinzeitlichen Bauernstaat machen. Alle Intellektuellen, die sie fassen konnten, haben sie eingesperrt und die meisten hingerichtet. Als Intellektueller galt man schon, wenn man nur eine Brille trug. Kurz, sie haben alles, was für sie als irgendwie „Gebildet“ galt, auszurotten versucht. Auch Akademiker halt. Und auch die Stadtbewohner, die noch nicht geflohen waren. Man nimmt an, über zwei Millionen, und das bei einer geschätzten Bevölkerung von damals von acht Millionen. Um Patronen zu sparen, sind sie nach einiger Zeit dazu übergegangen, die Leute mit Knüppeln oder Macheten zu erschlagen. Phnom Penh hier war wie eine Geisterstadt. Und irgendwann in dieser Zeit, etwa 1977, kam ein Lehrer, den ich flüchtig gekannt hatte, nachts durch ein Loch, das er in den Zaun der Botschaft geschnitten hatte, geflüchtet, mit einem kleinen Säugling im Rucksack.

Seine Frau, ebenfalls Lehrerin, hatte man am Abend vorher erschlagen. Ich war an diesem Abend zum Telefonnotdienst eingeteilt. Obwohl strikte Anweisung bestand, keine Flüchtlinge aufzunehmen, habe ich ihn aus Mitleid im Keller versteckt. Dass ich damit meine Karriere ruinieren würde, wenn das bekannt würde, war mir egal.

Dieser Herr Mon Ban hat dann dort, von mir notdürftig versorgt, mit seinem Kleinen unbemerkt gehaust.

Als dann nach fünf Monaten die Vietnamesen einmarschiert sind, haben sie die Pol Pot Bande in den Dschungel vertrieben. Ich konnte ihn, ebenfalls heimlich, nachts nach draussen lassen. Seitdem haben wir uns oft getroffen, aber ein Jahr später ist er gestorben.

Ich habe mich in der Folgezeit, so gut es ging, um seinen Sohn gekümmert. Er ist jetzt 33 Jahre alt und Polizeileutnant.

Den treffen wir nachher zum Essen – wir wollen mal sehen, was der meint.“

Chris war verwundert – mit einem so freundlichen, hilfsbereiten Menschen hatte er hier, am Arsch der Welt, nun wirklich nicht gerechnet.

Ein weisser Koffer

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