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Untersuchung

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Plötzlich schreckte Gerhard hoch – der Polizist mit den Schlüsseln stand mit einem anderen Polizisten vor der Zellentür. Er bedeutete ihm, er solle seine Arme durch das Gitter stecken. Er legte ihm wieder Handschellen an, und dann ging quietschend die Zellentür auf.

Er wurde ins nächsthöhere Stockwerk geführt, an vielen geschlossenen Türen vorbei. Ganz am Ende des langen Korridors stand eine Tür offen. Dort ging es hinein.

Hier wurde der Deutsche erkennungsdienstlich behandelt.

Zuerst nahm man Fingerabdrücke, von allen zehn Fingern. Dann wurde er vor einer Wand neben einer Grössenskala fotografiert: 1,66 Meter!

War ich inzwischen zusammengeschrumpft? Ich war doch immer 1,69 Meter lang oder besser gesagt: kurz gewesen!

Aber jetzt habe ich es amtlich: 1,66 Meter.

Dann folgten Photos des Gesichts – aus allen Richtungen. Mindestens 20 Aufnahmen.

Draussen kosteten vier Passphotos 90 Baht. Noch vor sechs Wochen. Und hier kosteten die Photos nichts! Immerhin! Guter Service, könnte man beinahe sagen, wenn es nicht so makaber wäre.

Er musste an eine Meldung in der BANGKOK POST denken. Vor vier oder fünf Jahren war da folgendes zu lesen: Ein Polizist nahm drei Thailänder fest, wegen illegalem Kartenspiels um Geld. Das Geld beschlagnahmte er, nun wollte er sie auf das nächste Polizeirevier bringen. Er war aber mit einem Moped unterwegs, auf dem er die drei Festgenommenen unmöglich dorthin verfrachten konnte. Also rief er ein TUK TUK herbei, und liess sie damit zur Wache fahren.

Auf der Wache sollten diese nun den TUK TUK-Fahrer bezahlen. 200 Baht sollte das kosten. Das konnten sie nicht, weil ihr Geld konfisziert war. Deshalb bezogen sie eine Tracht Prügel, und mussten fünf Tage im Knast ausharren, bis ein Verwandter kam und die TUK TUK-Rechnung, die der Polizist vorgelegt hatte, beglich. Die Geldbusse für illegales Glücksspiel in Höhe von 100 Baht war ebenfalls fällig!

Für die Fotos hätte ich bestimmt nichts bezahlt – schliesslich war ich unschuldig!

Dann ging es ins Erdgeschoss, wo ihm ein Mann, der sich als Doktor Wongborn vorstellte, und einen furchtbaren Mundgeruch hatte, kurz, aber tief in die Augen schaute. Mit diesem einzigen Blick erkannter er, dass Gerhard kerngesund war.

Das war also wohl die Untersuchung, mit der man meine Haftfähigkeit feststellte. Ein wirklich kompetenter Mann – nur ein Blick in die Augen, und er sieht alles! Wenn es in Deutschland doch auch solche Ärzte gäbe, die eine Krankheit mit einem einzigen Blick in die Augen der Patienten erkennen - was könnte dadurch an Arzthonoraren eingespart werden!

Nur, was machen die eigentlich mit Blinden?

„Nun“, dachte er sich, „nun werde ich hoffentlich verhört werden, da wird sich ja alles endlich aufklären.“

Aber denkste, an diesem Tage tat sich nichts mehr. Bis auf das Abendessen, das identisch mit dem köstlichen Mittagessen war.

***

Als es dunkel geworden war, konnte er nicht einschlafen, und dachte daran, dass in drei Tagen seine Freundin Oy aus Maha Sarakam nach Ko Chang zu ihm in sein Hotel kommen wollte.

Und in fünf Tagen, also am 24. Januar kommt mein Neffe auch – er hat schon vor sechs Wochen im Voraus ein Zimmer gebucht. Na ja,morgen werde ich ja hier raus sein.

Ob ich wohl Entschädigung für die Haft bekommen werde? Wohl eher nicht, aber mal sehen! Ich war halt noch nie im Knast in Thailand; vielleicht wollen sie ja auch noch Geld fürs Essen haben, ist ja immerhin Vollpension hier!

Mit diesen Gedanken schlief er dann doch ein, und schlief seltsamerweise erstaunlich gut durch, bis er um sechs Uhr am nächsten Morgen aufwachte.

Wieder der übliche Lärm auf dem Flur, nur unterbrochen von irgendwelchen Kommandos. Vielleicht Drill?

Na ja, jetzt beginnt also mein zweiter Tag im Knast in Thailand.

Da habe ich auf jeden Fall später mal was zu erzählen – obwohl man darauf wohl kaum stolz sein kann! Aber heute werde ich hier ja raus kommen, und dann etwas Krach schlagen: zuerst mal die Botschaft informieren und an eine deutsche Zeitung schreiben – vielleicht an die Blitz-Zeitung!

Zum Frühstück gab es etwas später wieder genau das gleiche, wie gestern Mittag und Abend: Reis, Gemüse und Brühe.

Wenn man da an die dickbäuchigen Damen und Herren aus Deutschland denkt! Denen könnte mal ein Monat hier – figurmässig – nicht schaden. Würde den meisten wohl gut tun!

Habe neulich im Internet von einem Deutschen gelesen, der in Afghanistan gekidnappt worden war. Der war übergewichtig – also sehr fett und litt, wohl auch deswegen unter starker Diabetes. Ärzte stellten per Ferndiagnose darob akute Lebensgefahr wegen fehlender Medikamente fest. Aber siehe da, er starb nicht, sondern als er nach fünf Wochen freikam, hatte er 30 kg abgenommen, war putzmunter, und Zucker hatte er auch nicht mehr!

So geht’s manchmal zu im Leben!

Aber trotzdem: Aus Gesundheitsgründen vier Wochen Knast in Thailand verschrieben zu bekommen – das ginge dann doch etwas zu weit!

Ein weisser Koffer

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