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Komplikationen im Gefängnis

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Es war nicht zu spät gewesen. Jetzt sass Gerhard also im Knast! In Thailand! Zum ersten Mal in seinem Leben! Wenn man von dem einem Tag im Knast bei der Bundeswehr absieht, den er für zwei Tage Fehlen beim OA-Vorlehrgang erhalten hatte.

Wie war damals noch der Spruch seines Zellenkameraden, Charles Hees, der mit ihm eingefahren war, gewesen: „Ein Mann ohne Knast ist wie ein Baum ohne Ast!“

Aber dies hier war was anderes, und zum Lachen war ihm nun wirklich nicht zu Mute.

Wie konnte ich nur in diesen Schlamassel geraten? Mein Plan war doch so gut! Oder doch nicht?

Er hing seinen Gedanken nach.

Wie konnte das nur derart schief laufen?

Es war gewaltig schief gelaufen.

Und es stank erbärmlich hier. Obwohl das Oberlicht geöffnet war.

Es war der Eimer in der Ecke. Er stank wie die Pest.

Hoffentlich werde ich nicht wahnsinnig. Aber von Gestank ist wohl noch keiner wahnsinnig geworden. Vielleicht werde ich mich noch daran gewöhnen.

Gerhard stellte den Eimer in die gegenüberliegende Ecke, so weit weg wie möglich vom Kopfende der Pritsche.

Jetzt ist es tatsächlich etwas besser! Oder bilde ich mir das nur ein?

Er legte sich wieder auf die Pritsche und versuchte, nachzudenken. Es war jetzt kurz vor zwölf.

Nur von der Uhrzeit her oder auch für mich?

Von rechts her kamen Geräusche, ab und zu ein Quietschen. Das Stimmengemurmel wurde lauter. Ein etwas anderer Geruch.

Das könnte das Mittagessen sein.

Tatsächlich – nach ein Paar Minuten tauchte ein hinkender Mann in grauer Jacke und Hose mit einem Wagen aus Blech auf, den er vor sich herschob. Das war also das Quietschen!

Auf dem Wagen standen oben drei grosse Eimer, auf der unteren Blechablage grüne Plastiktöpfchen und ein kleiner Kasten mit Löffeln. Nun hielt er vor der Tür und öffnete die Klappe.

Er sagte etwas unverständliches. Dann zeigte er auf seinen linken Arm. Gerhard schaute ebenfalls auf seinen Arm, und fragte sich, was das wohl solle.

Da war nur die Armbanduhr.

Meine Armbanduhr! Die wollte er wohl haben!

Er grinste. Gerhard schüttelte den Kopf. Das Grinsen verschwand und er murmelte wieder etwas.

Soll er murmeln, soviel er will, die Uhr brauchte ich. Der spinnt wohl.

Er stellte drei seiner Plastiktöpfchen auf die obere Ablage seines Gefährts. Mit einer Plastikkelle füllte er eines davon mit grauem Reis, eines halb voll mit einer grün-bräunlichen Masse, und eines mit einer gelblich-braunen Flüssigkeit. Er reichte Gerhard ein Schüsselchen nach dem anderen, aber als er ihm das Letzte mit der Flüssigkeit reichte und er die Hand danach ausstreckte, kippte er es halb um, so dass dem Deutschen der Inhalt des Schälchens über die Hand floss.

Das hat er absichtlich getan, wohl weil ich ihm die Uhr nicht gegeben hatte.

Er grinste wieder und reichte Gerhard einen Löffel, den er, bevor Gerhard ihn greifen konnte, auf den Boden fallen liess.

Gerhard hob ihn auf, und er grinste wieder.

Der Schweinehund.

Das fängt ja gut an hier.

Gerhard stellte die drei Schüsselchen auf die Pritsche und setzte sich daneben.

Der Geräuschpegel aus den anderen Zellen war gewaltig angestiegen. Manche schrien, und es hörte sich an, als ob auch einige Leute weinten. Deprimierend!

Gerhard roch an der Reisschüssel – Er roch nichts. OK, Reis hatte keinen starken Eigengeruch. Die grün-bräunliche Masse roch leicht süss-sauer, das war wohl Gemüse: und der Rest, die gelb-braune Flüssigkeit, war wohl Suppe, die penetrant nach Fischsauce roch.

Fischsauce, die in jedem Thai-Restaurant auf dem Tisch steht, und die er noch nie gemocht hatte!

***

Wenn nur nicht dieser Fäkaliengestank wäre.

Er erinnerte sich: bei der Bundeswehr gab es einige auf der Bude, die hatten extrem stinkende Käsefüsse, aber verglichen mit dem bestialischen Gestank hier war das damals reines Eau de Cologne!

Der Reis schmeckte, wie er roch, nämlich nach gar nichts, das Gemüse, so es solches war, etwas süsslich, und die Suppe oder Brühe nach Salz und Fischsauce.

Den Reis ass er gänzlich auf, das ‚Gemüse’ zur Hälfte und vom Rest der Suppe einen halben Löffel.

Sicher, er hatte mal gehört, Fischsauce beuge Schilddrüsenerkrankungen vor, aber was sind eigentlich Schilddrüsen, welche Funktion haben sie und wo im Körper sitzen die überhaupt?

Seltsame Gedanken kommen einem im Knast!

Später kam ‚Herr Hinkebein’ mit seinem Quietschewagen wieder vorbeigeschlurft, sammelte die Schüsselchen und den Löffel wieder ein.

Und er hielt einen mittelgrossen Eimer durch die Türöffnung.

Gerhard verstand nichts, roch nur, dass dieser Eimer ebenfalls furchtbar stank. Hinkebein zeigte auf den Klo-Eimer in der Zelle, und bedeutete dem Deutschen, er solle diesen in seinen Eimer leeren. Gerhard tat wie geheissen und der ‚Kalfaktor‘ leerte seinen Eimer in einen der grossen Eimer, in denen er vorhin das Essen gebracht hatte. Gerhard versuchte ihm durch Gesten klar zu machen, dass er seinen Eimer wegen des Gestankes gerne ausspülen würde, aber Hinkebein murmelte wieder etwas und schlurfte hinkend und grinsend von dannen.

Allmählich wurde es im Zellentrakt wieder leiser – einige Insassen machten wohl ein Nickerchen.

Gerhard lag auf der Pritsche und nickte auch ein.

Ein weisser Koffer

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