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3.1 Apriorismus

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Die Natur einer Sache, Notwendigkeit und Kontingenz

Wenn wir den Umfang unseres Wissens klären wollen, müssen wir zunächst bestimmen, was die Natur des Wissens ist. Aber was heißt das eigentlich? Man sagt, dass eine bestimmte Eigenschaft zur Natur einer Sache gehört (oder der Sache wesentlich ist), wenn diese Eigenschaft der Sache notwendigerweise zukommt. Und eine Eigenschaft kommt einer Sache notwendigerweise zu, wenn die Sache die Eigenschaft haben muss, wenn sie die Eigenschaft also nicht nicht haben kann, wenn es also unmöglich ist, dass die Sache die Eigenschaft nicht hat. Philosophen bringen das manchmal auch so zum Ausdruck: Eine notwendige Eigenschaft ist eine Eigenschaft, die der entsprechenden Sache in allen möglichen Welten zukommt. Ein Junggeselle beispielsweise ist notwendigerweise unverheiratet. Das Nichtverheiratetsein gehört deshalb zu seiner Natur. Ein Junggeselle, der verheiratet wäre, wäre eben kein Junggeselle mehr. Im Unterschied dazu gehört es nicht zum Wesen des Junggesellens, dass er spät ins Bett geht. Viele Junggesellen gehen spät ins Bett. Aber selbst wenn tatsächlich alle Junggesellen spät ins Bett gehen würden, würde das Spätinsbettgehen noch nicht zur Natur des Junggesellen gehören, denn sie würden nicht notwendigerweise spät ins Bett gehen. Ein Junggeselle kann die Angewohnheit haben, spät ins Bett zu gehen, oder auch nicht. Es handelt sich, wie man sagt, hier um eine seiner kontingenten Eigenschaften. Unverheiratet sein muss er dagegen, wenn er ein Junggeselle sein möchte.

Notwendige und hinreichende Bedingungen

Wenn wir die Natur einer Sache bestimmen, wollen wir nicht nur wissen, welche Eigenschaften die Sache notwendigerweise hat. Wir wollen auch wissen, welche Eigenschaften garantieren, dass wir es wirklich mit der entsprechenden Sache zu tun haben. Ein Junggeselle ist notwendigerweise unverheiratet, aber nicht alle unverheirateten Menschen sind Junggesellen – schließlich gibt es auch unverheiratete Frauen. Wenn wir es aber mit einem unverheirateten Mann zu tun haben, dann haben wir es garantiert mit einem Junggesellen zu tun; ein unverheirateter Mann zu sein ist eine hinreichende Bedingung dafür, ein Junggeselle zu sein. (Das gilt jedenfalls, wenn man von gewissen unklaren Grenzfällen absieht: Ist der Papst ein Junggeselle? Sind die Einwohner eines Urwaldstammes, in dem es die Institution der Ehe nicht gibt, Junggesellen? Ist ein Witwer ein Junggeselle?) Nicht alle notwendigen Bedingungen sind hinreichend und nicht alle hinreichenden Bedingungen sind notwendig für eine Sache. Nicht verheiratet zu sein ist notwendig für das Junggesellenleben, aber es reicht nicht hin; man muss auch noch ein Mann sein. Hinreichend dafür, dass man ein Mann ist, ist das Junggesellesein. Aber notwendig ist das nicht: Man kann auch ein verheirateter Mann sein.

Wenn wir in der Philosophie nach der Natur einer Sache fragen, dann suchen wir sowohl nach notwendigen als auch nach hinreichenden Bedingungen. Am liebsten möchten wir eine Liste von Bedingungen finden, die einzeln notwendig und zusammen genommen hinreichend für die entsprechende Sache sind, so wie im Junggesellen-Beispiel: Ein Junggeselle ist (1) ein Mann, der (2) unverheiratet ist. Bedingung (1) und Bedingung (2) sind einzeln notwendig und zusammen hinreichend für das Junggesellesein. Die Frage nach der Natur des Wissens wäre beantwortet, wenn wir eine entsprechende Liste von Bedingungen für Wissen finden könnten. Wie sollen wir dazu vorgehen?

Hier haben wir es mit einer Frage zu tun, die sehr grundsätzlich ist, weil sie nicht nur die Methode der Erkenntnistheorie, sondern die Methode der Philosophie überhaupt betrifft. Nicht nur in der Erkenntnistheorie geht es darum, die Natur einer Sache zu klären. So wie die Erkenntnistheorie (unter anderem) nach der Natur des Wissens fragt, fragt die Ethik nach der Natur des Guten, der Gerechtigkeit etc., die Metaphysik nach der Natur von Dingen, Eigenschaften etc., und andere philosophische Disziplinen stellen andere Wesensfragen. Dementsprechend viel hängt davon ab, welche Methode man hier für angemessen hält.

Zwei methodische Ansatzpunkte

Prinzipiell gibt es zwei verschiedene Ansichten zu dieser Frage. Eine Gruppe von Philosophen ist der Meinung, dass die Philosophie zur Beantwortung ihrer Fragen prinzipiell auf die gleiche Weise vorgehen sollte wie die empirischen Wissenschaften. Der Übergang zwischen den Einzelwissenschaften und der Philosophie ist demnach ein kontinuierlicher, der weniger mit der Methode als mit dem Inhalt der entsprechenden Disziplinen zu tun hat: eher spezielle Inhalte bei den Einzelwissenschaften, eher generelle Inhalte bei der Philosophie. Die andere Gruppe von Philosophen ist der Ansicht, dass es eine scharfe Grenze zwischen der Methode der Philosophie (und vielleicht auch der Logik und Mathematik) auf der einen und der Methode der empirischen Wissenschaften auf der anderen Seite gibt. Ihrer Ansicht nach ist die Philosophie in wesentlicher Hinsicht von der Empirie unabhängig, oder, um eine Unterscheidung Kants zu verwenden: Die Philosophie gewinnt ihre Erkenntnis nicht a posteriori aus (oder „nach“) der Erfahrung, sondern a priori, also unabhängig von (oder „vor“) der Erfahrung. Betrachten wir zunächst die zweite Auffassung etwas genauer.

Ein Argument für den Apriorismus

Der Philosophie geht es (jedenfalls auch) um die Natur bestimmter Dinge. Wenn wir die Natur einer Sache (beispielsweise die Natur des Wissens) erkennen wollen, dann wollen wir nicht nur erkennen, welche Eigenschaften dieser Sache manchmal, häufig oder sogar immer zukommen. Wir wollen erkennen, welche Eigenschaften ihr notwendigerweise zukommen. Da die Erfahrung uns aber immer nur sagen kann, ob eine Eigenschaft einer Sache zukommt oder nicht, kann die Erkenntnis, dass eine Eigenschaft einer Sache notwendigerweise zukommt, anscheinend nicht aus der Erfahrung stammen (jedenfalls nicht allein aus ihr). So kann ich beispielsweise empirisch feststellen, dass alle Junggesellen unverheiratet sind, etwa durch Nachforschungen im Standesamt. Dass es sich bei dem Unverheiratetsein jedoch um eine notwendige Eigenschaft von Junggesellen handelt, erfahre ich so nicht. Da es der Philosophie (jedenfalls auch) um die Natur der Dinge geht, muss sie sich einer anderen Form der Erkenntnis bedienen – apriorischer Erkenntnis –, und das unterscheidet sie, wie es scheint, grundlegend von den empirischen Wissenschaften. Das ist die Sichtweise des Aprioristen.

Apriorische Erkenntnis

Was ist apriorische Erkenntnis? Das ist eine in der gegenwärtigen Erkenntnistheorie viel und kontrovers diskutierte Frage (vgl. (82)). Prinzipiell kann man zwei Ansätze unterscheiden: Man kann versuchen, zu beschreiben, was apriorische Erkenntnis ist, indem man sie positiv charakterisiert. Oder man erläutert sie negativ, indem man beschreibt, was sie nicht ist. Ein Versuch der positiven Charakterisierung wäre etwa der, apriorische Erkenntnis als Erkenntnis, die wir durch die Intuition gewinnen, zu beschreiben. Allerdings scheint das Problem damit nur verschoben zu werden, weil dann zu erklären wäre, was mit „Intuition“ genau gemeint sein soll (vgl. (75), (84)). Eine negative Charakterisierung, die bereits Kant verwendete, wäre die: Apriorische Erkenntnis ist Erkenntnis, die völlig unabhängig von der Erfahrung ist (vgl. (93), B2f.). Aber auch diese Erklärung ist nur so gut wie unser Verständnis des Begriffs der Erfahrung, der hier zugrunde gelegt wird. Intuition soll dann ja offensichtlich nicht als Erfahrung gelten. Andererseits kann nicht nur Erkenntnis durch die fünf Sinne als Erfahrungserkenntnis gelten, weil beispielsweise Erkenntnisse, die wir durch unsere Körperwahrnehmung gewinnen (etwa die – nicht durch Hinsehen oder Tasten gewonnene – Erkenntnis, dass ich gerade einen Arm ausgestreckt habe), sicherlich nicht als apriorisch gelten sollen, und das Gleiche gilt wohl für durch Introspektion gewonnene Erkenntnis (beispielsweise die, dass ich jetzt gut aufgelegt bin). Versucht man aber, die Quellen der Erfahrung aufzuzählen, ergibt sich immer die Frage der Vollständigkeit der Aufzählung.

Kann man sagen, dass apriorische Erkenntnis gerade die Erkenntnis von Notwendigkeit ist? Auch das ist nicht sehr plausibel. Zum einen ist es ja gerade klärungsbedürftig, wie wir Notwendigkeiten erkennen. (Man wird nicht behaupten wollen, dass bereits jeder, der wahrheitsgemäß glaubt, dass diese oder jene Eigenschaft einer Sache notwendigerweise zukommt, damit schon apriorisch erkannt hat, dass die Eigenschaft der Sache notwendigerweise zukommt.) Zum anderen ist sicher nicht nur die Einsicht, dass ein Zusammenhang notwendigerweise besteht, möglicher Gegenstand apriorischer Erkenntnis. Ein Erstklässler kann bereits ausrechnen, dass 5 + 4 = 9 ist, aber es wird ihm schwer fallen zu verstehen, dass es sich hierbei um eine notwendige Wahrheit handelt. Daraus folgt aber sicher nicht, dass er die Erkenntnis, dass 5 + 4 = 9 ist, nicht a priori gewonnen hat. Man muss offensichtlich unterscheiden zwischen „einen notwendigen Zusammenhang erkennen“ und „erkennen, dass ein Zusammenhang notwendig ist“: Der Erstklässler erkennt den notwendigen Zusammenhang, dass 5 + 4 = 9 ist, aber er erkennt nicht, dass dieser Zusammenhang notwendig ist. Sollte man also besser sagen, dass apriorische Erkenntnis die Erkenntnis notwendiger Zusammenhänge ist? Auch das ist unplausibel: Wir könnten ja (prinzipiell) zu der Erkenntnis kommen, dass alle Junggesellen unverheiratet sind, indem wir alle einzeln betrachten. Dann hätten wir einen notwendigen Zusammenhang, nämlich dass alle Junggesellen unverheiratet sind, auf nicht-apriorische Weise erkannt. Damit sind nur einige der Schwierigkeiten genannt, die sich bei der Charakterisierung apriorischer Erkenntnis ergeben (vgl. (82), 1. Teil).

a priori – a posteriori, analytisch – synthetisch, notwendig – kontingent

Ein im Hinblick auf die bevorzugte Vorgehensweise in der Erkenntnistheorie besonders wichtiger Ansatz zur positiven Bestimmung apriorischen Wissens geht von der semantischen Unterscheidung zwischen analytischen und synthetischen Sätzen aus (vgl. (92a)). (Die Unterscheidung zwischen notwendigen und kontingenten Sachverhalten ist eine metaphysische, die Unterscheidung zwischen apriorischer und aposteriorischer Erkenntnis eine erkenntnistheoretische Unterscheidung.) Eine Charakterisierung des Unterschieds sieht so aus: Ein analytisch wahrer (beziehungsweise falscher) Satz ist ein Satz, der allein aufgrund der Bedeutung der in ihm enthaltenen Wörter und der Art ihrer Zusammensetzung wahr (beziehungsweise falsch) ist. Beispielsweise ist der Satz „Junggesellen sind unverheiratete Männer“ in dieser Weise wahr. Im Unterschied dazu ist der Satz „Junggesellen zahlen mehr Steuern als Verheiratete“ zwar vielleicht wahr, aber nicht analytisch, sondern synthetisch wahr: Seine Wahrheit ergibt sich nicht schon allein aus der Bedeutung und der Art der Zusammensetzung der in ihm enthaltenen Wörter.

Logische und analytische Wahrheit

Eine besondere Teilmenge der Sätze, die allein aufgrund der Bedeutung der in ihnen enthaltenen Wörter und der Art ihrer Zusammensetzung wahr (beziehungsweise falsch) sind, sind die logisch wahren (beziehungsweise falschen) Sätze, wie etwa der Satz „Es ist nicht der Fall, dass es (an der gleichen Stelle) zugleich regnet und nicht regnet“. Solche Sätze sind, wie man sagt, schon aufgrund ihrer logischen Form – damit ist der Aufbau und die Bedeutung der „logischen“ Wörter, wie „und“, „nicht“, „für alle“, „folgt aus“ etc. gemeint – wahr (beziehungsweise falsch); was genau im Rest des Satzes steht, spielt dann keine Rolle mehr. So kann man etwa in dem Beispielsatz für „es regnet“ beliebige Behauptungen einsetzen, ohne etwas am Wahrheitswert des Satzes zu ändern. Es ist niemals zugleich der Fall, dass p und dass non-p. Der Satz „Junggesellen sind unverheiratete Männer“ ist dagegen nicht logisch wahr, sondern weil hier das Prädikat – „ist ein unverheirateter Mann“ – im Subjekt – „Junggeselle“ – bereits irgendwie „enthalten“ ist. (Das sah Kant als entscheidendes Kriterium für Analytizität an. Vgl. (93), A7/B11.) Man kann den Satz allerdings in einen logisch wahren Satz verwandeln, indem man das Subjekt „Junggeselle“ durch den synonymen Ausdruck „Unverheirateter Mann“ ersetzt. Dass dennoch der Begriff der logischen Wahrheit nicht unbedingt als grundlegend für den Begriff der Analytizität angesehen werden kann (wie das Frege und Carnap tun wollten), ergibt sich nicht nur aus der Tatsache, dass wir bei der eben beschriebenen Reduktion von dem problematischen Begriff der Synonymie Gebrauch machen mussten (vgl. dazu unten), sondern auch daraus, dass nicht alle analytischen Sätze eine einfache Subjekt-Prädikat-Struktur haben. (Man denke etwa an einen Satz wie „Wenn Klaus der Vater von Peter ist, ist Peter der Sohn von Klaus“.)

Erkenntnis analytischer Wahrheiten

Die Wahrheit eines analytisch wahren Satzes kann prinzipiell jeder erkennen, der die Bedeutung der in dem Satz enthaltenen Wörter und die Art ihrer Zusammensetzung (also insbesondere die entsprechenden Regeln der Grammatik) kennt. Es ist nicht nötig, auf irgendwelche weitergehende Erfahrungen zu rekurrieren. Natürlich lernen wir empirisch, was Wörter bedeuten und wie sie sich zu korrekten Sätzen verbinden lassen. Aber wenn wir die Bedeutung erst einmal kennen, brauchen wir keine weitergehende Erfahrung mehr, um die Wahrheit (oder Falschheit) von analytisch wahren (oder falschen) Sätzen zu erkennen. Man kann das auch so formulieren: Wer auch immer hier eine entsprechende Frage versteht, ist allein dadurch prinzipiell schon in der Lage, sie zu beantworten. Die Frage „Sind Junggesellen unverheiratet?“ kann prinzipiell jeder beantworten, der sie versteht, auch wenn er nichts über die Welt weiß.

Man könnte auch hier davon sprechen, dass uns die „Intuition“ sagt, dass Junggesellen unverheiratet sind – und viele Philosophen tun das. Tatsächlich ist das aber eher irreführend. Denn in diesem Fall ist es nicht irgendeine geheimnisvolle Fähigkeit, die uns entsprechende Erkenntnisse zugänglich macht, sondern schlicht unsere Sprachkompetenz. Man – und das heißt hier: der kompetente Sprecher – weiß, dass man eben nicht von verheirateten Junggesellen sprechen kann. Insofern haben wir es hier mit einer vergleichsweise gut zu verstehenden Form der apriorischen Erkenntnis zu tun. Allerdings wird es auch hier kompliziert, wenn wir uns weiter fragen, was es genau heißt, die Bedeutung eines Wortes zu kennen beziehungsweise über einen bestimmten Begriff zu verfügen.

Analytizität und Notwendigkeit

Sieht man von diesen Schwierigkeiten einmal ab, so ist es hier auch gut verständlich, warum die entsprechenden Sachverhalte, also beispielsweise der Sachverhalt, dass Junggesellen unverheiratet sind, notwendige Sachverhalte sind. Das liegt in diesem Fall an unseren sprachlichen Konventionen (vgl. (74), S. 71). Junggesellen können nicht verheiratet sein, weil wir sie dann nicht mehr Junggesellen nennen. Man kann hier von einer „begrifflichen Notwendigkeit“ sprechen und sie beispielsweise von „naturgesetzlicher Notwendigkeit“ unterscheiden. (So ist es beispielsweise naturgesetzlich, aber nicht begrifflich unmöglich, eine Stunde ohne Sauerstoffzufuhr zu überleben.)

Synthetische Erkenntnis a priori?

Ist alle apriorische Erkenntnis von dieser Art? Vor allem Kant hat das bestritten. Für ihn handelt es sich bei den grundlegenden Axiomen der Wissenschaft, das heißt für Kant insbesondere: bei den Axiomen der Newtonschen Mechanik sowie bei den Prinzipien der Arithmetik und Geometrie, um notwendige Zusammenhänge. Solche können seiner Ansicht nach nur apriorisch erkannt werden. Es handelt sich aber nach Kant bei solchen Axiomen nicht um analytisch wahre Sätze. Diese Kombination von Überzeugungen bringt Kant zur Kernfrage der Kritik der reinen Vernunft (vgl. (93), B20): „Wie sind synthetische Urteile a priori möglich?“ Die Frage, ob synthetisch apriorische Erkenntnis möglich ist, wird bis heute zwischen rationalistisch und empiristisch gesinnten Philosophen kontrovers diskutiert. Empiristen sind dabei der Ansicht, dass alle nicht-analytischen Wahrheiten letztlich nur durch die Erfahrung erkannt werden können – „nihil est in intellectu quod non antea fuerit in sensu“. Rationalisten weisen daraufhin, dass diese Ansicht sowohl mathematisches als auch naturwissenschaftliches Wissen unmöglich machen würde.

Im vorliegenden Zusammenhang müssen wir diesen Streit nicht entscheiden, denn Erkenntnistheoretiker, die glauben, die Natur des Wissens (und anderer erkenntnistheoretisch relevanter Begriffe) auf apriorische Weise bestimmen zu können, berufen sich in der Regel nicht auf die problematische Möglichkeit synthetisch apriorischer Erkenntnis. Sie sind vielmehr der Ansicht, dass die Natur des Wissens sich durch eine Analyse der Bedeutung des Wortes „Wissen“ (also durch die vergleichsweise unproblematische analytisch apriorische Erkenntnis) entschlüsseln lässt. Zu diesem Zweck bedienen sie sich der Methode der Begriffsanalyse, auf die wir noch ausführlich zu sprechen kommen werden (vgl. Kapitel 3.3 und 3.4). Zuvor müssen wir jedoch auf eine wichtige Alternative zum Apriorismus zu sprechen kommen.

Einführung in die Erkenntnistheorie

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