Читать книгу Der Drang nach Freiheit - Geri Schnell / Dieter Thom - Страница 12

Die neue Lehrerin

Оглавление

Im September begann das neue Schuljahr. Dieter war gespannt auf seine neue Lehrerin. Die Klasse sass bereits auf ihren Plätzen, als Frau Doppeeser das Zimmer betrat. Schon das Eintreten ins Zimmer verriet den Kindern, dass sie es nicht mehr mit der lieben Frau Müller zu tun hatten.

«Guten Tag!», war eher ein sanftes Brüllen, als eine freundliche Begrüssung, «hinsetzen. – Mein Name ist Frau Doppeeser!»

Dann geschah vorerst nichts mehr. Sie schien eine Liste zu studieren. Natürlich nutzen die Pause, einige Buben zu einem kurzen Schwatz.

«Ruhe! – Wer war das?»

Niemand meldet sich. Alle schauten vor sich aufs Pult. Frau Doppeeser hatte keine Möglichkeit herauszufinden wer es war. Sie hatte die Liste studiert und die Stimmen der Schüler kannte sie noch nicht. Wieder entstand eine Pause. Diesmal wagte es niemand, die Stille zu durchbrechen.

«Jeder sagt mir seinen Namen – Du fängst an.»

Sie zeigte auf die Schülerin vorne links. Jeder Schüler stand kurz auf und sagte seinen Namen. Frau Doppeeser machte sich auf der Liste Notizen.

«Dieter Thom», nannte Dieter seinen Namen.

«Ah – Du bist also der Sohn des Landesverräters!», lautete der Kommentar von Frau Doppeeser.

Er hatte sofort verstanden, alle würden unter Frau Doppeeser leiden, aber Dieter noch stärker. Das zeigte sich schon in der ersten Unterrichtsstunde. Damit sie sich ein Bild über den Ausbildungsstand ihrer neuen Schüler machen konnte, stellt sie verschiedene Fragen. Dieter könnte sie alle beantworten, immer war ein anderer Schüler an der Reihe. Doch dann stellt sie eine Frage zu einem Thema, welches die Klasse noch nicht behandelt hatte und deshalb wusste kein Schüler die Antwort. Also fragte sie Dieter, der natürlich die Antwort ebenfalls nicht kannte.

«Natürlich!», ergänzte sie schnippisch, «wie soll der Sohn eines Landesverräters so etwas wissen, beim Westfernsehen schauen lernt man so was nicht.»

Endlich war der erste Schultag in der neuen Klasse überstanden.

Die Schule wurde für Dieter zur Qual. Wann immer es Frau Doppeeser für angebracht hielt, schikanierte sie Dieter. Er konnte ihr gar nichts recht machen. Seine Leistungen sanken und bald war er soweit, dass er sich auch nicht darum scherte, ob Frau Doppeeser mit ihm zufrieden war oder nicht, es kam auf das Gleiche heraus. Er ärgerte während der Stunde seinen Banknachbar, was natürlich von Frau Doppeeser bemerkt wurde. Zur Strafe schickte sie ihn vor die Türe. Diesmal liess sie einen Spalt weit offen. Dieter schlich sich zur Türe und lauschte, von aussen dem Unterricht. Er bemerkte nicht, dass Frau Doppeeser hinter der Türe darauf gewartet hatte, dass er neugierig wurde.

Als Dieter nahe genug bei der Türe stand, schlug sie diese mit voller Wucht zu, respektive an Dieters Kopf. Er blutete stark aus dem Ohr. Die andern Schüler mussten sich das Lachen verkneifen. Frau Doppeeser legte los und schimpfte mit Dieter, als sie sich etwas beruhigt hatte, schickte sie Dieter nach Hause.

Zu Hause musste Dieter Vati erklären, wie er zu seinem blutigen Ohr kam. Vati beruhigte Dieter und meinte, er werde versuchen etwas gegen die Lehrerin zu unternehmen. Am nächsten Tag sprach er bei der Schuldirektion vor und erzählte was vorgefallen war.

In der Schule änderte sich deshalb nichts. Frau Doppeeser schikanierte Dieter weiter, so oft sie konnte, allerdings achtete sie jetzt darauf, dass er sich nicht verletzte. Dieter konnte ihre uniformähnliche Kleidung nicht mehr ausstehen und hasste die Frau aus ganzem Herzen, was bei Frau Doppeeser mit dem gleichen Gefühl erwidert wurde.

Die Leistungen von Dieter gingen massiv zurück.

Allmählich beruhigte sich die Lage soweit, dass Dieter unter den andern Klassenkameraden einige Verbündete fand, dies, obwohl Frau Doppeeser auch seine Freunde schikanierte. In der Schule lernten sie nicht viel, doch an den schulfreien Tagen, da waren sie bei den Bauern und halfen ihnen beim Arbeiten. Diese Schulung war praxisnahe und brachte ihnen mehr, als der Unterricht bei Frau Doppeeser.

Vati gefiel es in seiner neuen Stelle immer besser, er gewöhnte sich an die harte Arbeit, auch wenn er dadurch weniger bei der Familie sein konnte, als damals, als er noch beim Zoll arbeitete. Die andern Arbeiter in seiner Gruppe waren tolle Kollegen, auf die man sich verlassen konnte. Auch der Aufseher fühlte sich nun mehr als Führer einer Arbeitsgruppe. Dies war am Anfang nicht unbedingt zu spüren, er spielte sich eher als Gefängniswärter auf, doch nun zogen alle am gleichen Strick, sie wollten gute Arbeit abliefern, das war alles.

Auch in der vierten Klasse hatte Dieter Frau Doppeeser als Klassenlehrerin. Irgendwie hatten sie sich so gefunden, dass sie miteinander umgehen konnten. Der grenzenlose Hass war auf beiden Seiten spürbar. Im Alltag begegneten sich die beiden mit Verachtung. Für Dieter leider mit der Nebenerscheinung, dass er einiges an Schulstoff verpasste.

Der Drang nach Freiheit

Подняться наверх