Читать книгу Der Drang nach Freiheit - Geri Schnell / Dieter Thom - Страница 7
Nachwuchs bei Familie Thom
ОглавлениеEnde September begann für Dieterchen eine schöne Zeit. Der Bauch von Mutti war inzwischen so gross geworden, dass sie nicht mehr arbeiten konnte. Da Wolfgang in die Schule muss, hatte Dieterchen seine Mutti ganz für sich. Er musste nicht mehr in den Kindergarten, diese Kosten konnte man sich sparen, weil Mutti jetzt zuhause war.
Da Mutti nicht mehr gerne weite Spaziergänge machte und ihr das Tragen von Taschen immer schwerer fiel, musste Dieterchen einspringen. Er erledigte in dieser Zeit alle Einkäufe.
Mutti war sehr stolz auf ihren Kleinen.
Eines Morgens, als Dieterchen beim Fleischer eine Wurst einkaufen musste, waren dort viele Leute versammelt und diskutierten aufgeregt. Er muss sich hinten anstellen, doch es ging kaum voran, der Fleischer war am diskutieren, Fleisch verkaufen schien heute zweitrangig.
Aus den Gesprächen hörte er immer wieder das Wort Sputnik - was war das? Er hatte das Wort noch nie gehört.
Schliesslich versuchte ein Mann es ihm zu erklären. Er erklärte Dieterchen, wie stolz die sozialistischen Länder sein konnten, sie hätten die Amerikaner geschlagen. Dieterchen interessierte das wenig, Sputnik hin oder her, er möchte seine Wurst und dann möglichst schnell nach Hause. Mutti ging es heute nicht gut, sie musste den ganzen Tag das Bett hüten. Vati hatte ihm gestern noch erklärt, er solle gut auf Mutti aufpassen. Wenn es ihr schlecht gehe, soll er sofort Frau Langer von unten rufen. Jetzt war Mutti wegen diesem blöden Sputnik allein zu Hause und machte sich sicher Sorgen, wo ihr Dieterchen blieb.
Als er endlich seine Wurst erhielt, rannte er so schnell er konnte, nach Hause. Er war erleichtert. Die Mutti schlief und hatte nicht bemerkt, dass er zu lange weg war. Die nächsten Tage übernahm Vati die Einkäufe, so konnte Dieterchen auf seine Mutti aufpassen.
Einige Tage später schien Mutti grosse Schmerzen zu haben. Dieterchen rannte zu Frau Langer.
«Na Dieterchen!», sagte sie zu ihm, «ist es bald soweit? Bald wirst du einen neuen Bruder bekommen, dann kannst du mit ihm spielen. Freust du dich?»
«Ich weiss nicht», Dieterchen wusste nicht, weshalb er sich freuen sollte. Für ihn zählte nur, dass es Mutti so schlecht ging.
«Ich komme sofort nach oben», erklärte ihm Frau Langer, als er bei ihr anklopfte, «gehe zum Postamt, die sollen deinen Vati anrufen, er soll nach Hause kommen! - Machst du das?»
«Bin schon weg.»
Während Frau Langer nach oben ging, rannte Dieterchen so schnell er konnte zum Postamt. Die Frau am Schalter kannte ihn. Sie wusste, dass sie Herr Thom anrufen musste.
«Danke Dieterchen, freust du dich auf deinen Bruder?»
«Weiss nicht?», entgegnete Dieterchen, was soll er mit einem zweiten Bruder? Einer reicht ihm.
Die Frau am Schalter erklärte ihm, dass sie Herr Thom erreicht hatte, er könne jetzt wieder nach Hause gehen. Dieterchen rannte den ganzen Weg zurück. Als er in die Strasse einbog, sah er vor dem Haus einen Krankenwagen stehen. Er kam noch rechtzeitig, um sich von Mutti zu verabschieden.
«Du bleibst da», erklärte ihm Mutti mit schmerzverzerrtem Gesicht, «die Frau Langer kocht euch etwas zu Essen».
Der Sanitäter drängte zur Eile, er wollte möglichst schnell losfahren. Eine Geburt im Krankentransporter wollte er nicht riskieren.
Es war nach Mitternacht, als Vati nach Hause kam. Er schaute noch ins Kinderzimmer. Beide Buben waren schnell wach.
«Es ist ein Mädchen!», erklärte ihnen Vati, «sie heisst Monika und ist gesund! Ein richtiger Schatz! Ihr habt jetzt ein Schwesterchen. Mutti geht es ebenfalls gut, sie wird in zwei Tagen wieder nach Hause kommen.»
«Ein Schwesterchen?», fragten beide Buben fast gleichzeitig. Mehr hatten sie nicht zu sagen. Sie konnten das Gehörte noch nicht einordnen. Alle hatten immer von einem Bruder gesprochen und jetzt das, ein Mädchen in der Familie, wenn das nur gut ging!
Zwei Tage später holte Vati die beiden im Krankenhaus ab, er leistete sich ein Taxi, um die beiden nach Hause zu bringen. Die beiden Buben schauten aus dem Fenster und rannten durchs Treppenhaus. Sie hatten sich mittlerweile damit abgefunden, dass das neue Familienmitglied ein Mädchen war. Beide freuten sich, endlich war Mutti wieder zu Hause.