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Lehre auf Rügen

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Nun begann der Alltag auf Rügen. Vati arbeitete auf dem Bahnhof Sagard und verdiente recht gut. Auf dem Viehmarkt kaufte Familie Thom zwei Schafe, ein Schwein und einige Hühner. Land war genug da, so konnten sie auch den Stall nutzen. Das Versorgen der Tiere war die Aufgabe von Mutti. Natürlich halfen ihr Olaf und vor allem Moni dabei. An dem Wochenende versorgte auch Dieter die Tiere. Schon bald vermehrten die sich, es kamen zwei junge Schafe dazu und aus den paar Hühnern wurde bald hundertfünfzig. Später kauften sie noch einige Gänse und Enten.

Die Ferien für Dieter waren zu Ende. Er musste seine Lehre in der Firma VEB Bau Bergen/Rügen fortsetzen. Er meldete sich pünktlich auf den vereinbarten Termin in der Werkstatt und erkundigte sich nach Herr Paul.

Ein Mann in den sechziger kam auf ihn zu und reichte ihm die Hand. Dazu redete er auf Dieter ein, nur der verstand kein Wort, sein neuer Boss sprach original Plattdeutsch, da verstand man als Sachse kein Wort.

«Entschuldigung», bemerkte Dieter, «ich verstehe kein Plattdeutsch.»

«Dann musst du dir die Haare schneiden, dann verstehst du mich besser.»

Dieter wurde mit den andern neun Lehrlingen bekannt gemacht. Alle kamen aus Rügen und sprachen untereinander nur Platt. Natürlich hatten alle kurz geschnittene Haare. Die hatten sich alle gegen den Sachsen verschworen. Sie schwärzten ihn an wo sie nur konnten. Zum Glück war Dieter in praktischen Dingen sehr begabt, so fanden sie nur wenige Gründe, ihn bei Herr Paul anzuschwärzen. Dieser war aber eh nicht gut auf Dieter zu sprechen, wann immer es etwas zu meckern gab, erledigte er dies mit grossem Vergnügen.

Dieter überstand die ersten drei Wochen Praktikum. Jetzt war eine Woche Schule angesagt. Am Montagmorgen nahm er den ersten Zug nach Stralsund. In seinem Rucksack hatte er Schulzeug und Kleider für eine Woche eingepackt. Um 8 Uhr ging es in der Schule los. Jeder musste sich vorstellen. Als Dieter sich vorstellte, gab es Gelächter. Ein Sachse in ihrer Klasse, das konnte nicht gut gehen. Die Lehrer schafften jedoch schnell Ruhe und der Unterricht ging weiter.

«Gibt es in Sachsen keine Friseure?», fragte der Lehrer.

«Doch, aber die schneiden den jungen Leuten moderne Frisuren.»

«Nur nicht noch frech werden, - Sachse! Wir werden sehen was du kannst», am Unterton merkte Dieter, dass er nicht mit einer Vorzugsbehandlung rechnen konnte, aber das war ja für ihn nichts Neues.

Die Unterrichtsstunden wurden unendlich lange. Gegen sechs Uhr war endlich Schluss. Die Schüler von der Insel wurden in Baracken untergebracht. Jede Baracke konnte acht Schüler aufnehmen.

Die Woche in Stralsund wurde für Dieter sehr unangenehm. Sie schikanierten ihn, wo sie nur konnten. Die ländliche Mentalität setzte sich durch, alles war anders. Die langen Haare und der falsch Dialekt, da mussten sich alle gegen ihn stellen. Dazu kam, dass sich die Lehrer ebenfalls alle Mühe gaben, dem Dieter zu zeigen, dass er nicht hierher gehörte. Ohne grossen Lehrerfolg brachte Dieter die Woche hinter sich. Er freute sich aufs Wochenende.

Der Drang nach Freiheit

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