Читать книгу Die besten 10 Liebesromane November 2021: Romanpaket - Glenn Stirling - Страница 18

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Es war unvermeidlich, dass Sören Wiebold keine Zeit hatte, Jule aufzusuchen, sonst wäre es ihm vielleicht aufgefallen, wie unruhig und nervös sie war. Doch unter den Touristen eines großen Hotels grassierte eine bösartige Magengrippe mit Durchfall, Erbrechen und starken Schmerzen, der Arzt kam gar nicht hinaus aus der Notaufnahme, und selbst die normale Stationsvisite musste entfallen.

Davon wusste Jule natürlich nicht. Als der Nachmittag voranschritt und Sören immer noch nicht auftauchte, fragte sie bei Lernschwester Nicole, was denn los wäre. Aber die wusste auch nur, dass im Augenblick enorm viel zu tun war und der Doktor eben noch keine Zeit für die Visite gehabt hätte. Jule oder vielmehr Claudia schloss in diesem Fall von ihrem eigenen verlogenen Charakter auf andere; sie war der festen Annahme, dass Sören etwas zu Ohren gekommen sein musste, entweder über ihr Vorleben oder über das unverhoffte Auftauchen eines Mannes, der sie ganz offensichtlich suchte. Woher er auch immer etwas gehört haben mochte, so langsam ergriff Angst von Jule Besitz, und die erste Maßnahme in einem solchen Fall war wegzulaufen.

Und dennoch – vielleicht gab es doch noch eine Möglichkeit, dem drohenden Unheil zu entgehen. Aber dazu musste sie unbedingt und dringend mit Sören sprechen. Er würde sie sicher vor jedem Ärger bewahren, wenn er ihre Geschichte gehört hatte. Jule war sicher, dass sie ihn fest an der Angel hatte.

Noch eine Stunde später stand sie auf und blickte den langen Krankenhausflur entlang, aber außer den üblichen hin und her der Schwestern war nichts zu entdecken, kein Arzt, nur die Schwestern wirkten angespannt und diskutierten vor dem Dienstzimmer miteinander. Wiederum bezog die Frau diese Gespräche auf sich, obwohl jetzt eigentlich nur darüber diskutiert wurde, wo noch Patienten mit akuten Symptomen untergebracht werden konnten.

Noch immer keine Spur von Sören. Jule huschte zurück in ihr Zimmer und begann zu überlegen. Was konnte sie jetzt tun? Oder war das alles doch nur ein Sturm im Wasserglas?

Schwester Laura war so unglaublich freundlich gewesen, und Verschwiegenheit war in diesem Haus an der Tagesordnung, vielleicht hatte sie niemandem etwas von dem Fremden erzählt? Und über Patienten durfte ohnehin nichts gesagt werden. Wahrscheinlich machte sie, Jule, sich jetzt gerade für nichts und wieder nichts verrückt. Oder?

Jule wusste nicht mehr, was sie noch denken sollte. Unruhig starrte sie aus dem Fenster, aber da war natürlich nichts zu sehen. Sie lauschte in sich hinein. War sie überhaupt schon wieder in der Lage, eine neue Flucht in Angriff zu nehmen?

Nein! Sie schüttelte energisch den Kopf. Das würde vermutlich zum nächsten Zusammenbruch führen. Und außerdem war das doch sicher falscher Alarm, sie machte sich selbst etwas vor.

Wenn doch nur endlich Sören käme. Er würde ihr die Unruhe nehmen können, und sicherlich würde sie ihn dazu bewegen können, sie zu schützen.

Zum ersten Mal seit längerer Zeit war es so, dass sie sich eingestand, echte Gefühle für einen Mann zu empfinden. Das mochte daran liegen, dass er so arglos, so freundlich – so ehrlich und authentisch war. Obwohl die Bekanntschaft noch nicht lange dauerte und sich beide kaum näher kennengelernt hatten, fühlte sie, dass es mit dem sympathischen Arzt zu mehr als einem einträglichen Geschäft reichen würde. Normalerweise machte sie ihren Opfern tiefe Gefühle vor und arbeitete mit allerlei Tricks, so dass sie stets eine Menge Geld ergaunern konnte. Nie hatte sie Gewissensbisse entwickelt, sie ging nach dem Motto vor, dass die Welt betrogen sein wollte, und das galt besonders für Männer.

Dr. Dr. Sören Wiebold hingegen war ehrlich, liebevoll und vermutlich auch treu. Jule würde zu gerne ausprobieren, ob sie wirklich auf Dauer mit einem Partner wie ihm durchhalten konnte. Es sei denn, er wusste von ihrem Vorleben und wollte sie jetzt gar nicht mehr sehen. Es sei denn, er würde sie so tief verachten, dass er es vorzog, sie durch die Schwestern mit vorgeschobenen Ausreden abzuspeisen. Es sei denn ...

Zur Hölle mit dem Karussell im Kopf! Was sollte sie nur tun?