Читать книгу Die besten 10 Liebesromane November 2021: Romanpaket - Glenn Stirling - Страница 23
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In Jule Brinkhorst verfestigte sich der Gedanke, dass sie aufgeflogen war. Sie machte das an der Tatsache fest, dass Sören den ganzen Tag noch immer nicht bei ihr gewesen war und die Schwestern keine glaubwürdige Erklärung anboten. Wer sollte denn glauben, dass die Notaufnahme überlastet war? So ein Unsinn! Sylt war doch keine große Stadt, in der jeden Tag mehrere hundert Leute Hilfe in der Klinik suchten. Nein, Sören kam nicht zu ihr, er wollte sich zurückziehen. Sie sahen nun ihr Heil nur noch in der Flucht. Ihre wenigen Habseligkeiten hier waren schnell zusammengepackt, Handy, Papiere und Kontokarten hatte sie dabei. Schade um einen Teil der Sachen, die sie nun in der Ferienwohnung zurücklassen musste. Einiges davon, besonders die wenigen Schmuckstücke, waren ihr ans Herz gewachsen. Nun, sie konnte Neues besorgen.
Wie sollte sie jetzt weiter vorgehen? Wohin sollte sie fliehen? Ins Ausland, auf jeden Fall, da wäre sie erst mal sicher. Flugzeug oder Fähre, das war die nächste Frage.
Der Fremde, der nach ihr gefragt hatte! Sie blieb stehen wie vom Blitz getroffen. Den hatte sie fast vergessen. Das konnte nur, nein, das musste ein Privatdetektiv sein, und sie ahnte auch, wer ihn beauftragt hatte: Nicholas Münstermann. Sie hatte geahnt, dass er den Betrug nicht einfach auf sich sitzen lassen würde. Er war rücksichtslos, jähzornig, eifersüchtig – und immens reich. Die knapp 60.000 €, die sie bei ihm ergaunern konnte, waren für ihn nicht mehr als ein geringer Betrag aus der Portokasse. Aber er konnte es nicht hinnehmen, übers Ohr gehauen zu werden, noch dazu von einer Frau. Auf das Geld würde er hohnlachend verzichten, wenn es ihm stattdessen gelang, sie zu demütigen. Ein Grund mehr, so schnell wie möglich zu verschwinden.
Wie kam man am besten von der Insel weg? Es war bereits später Nachmittag, Flugverkehr aufs Festland oder gar ins Ausland war heute nicht mehr möglich. Die Fähre nach Rømø!
Jule befand sich schon auf dem Flur, die kleine handliche Tasche, in der sich wirklich nur das Notwendigste befand, hing am Arm und machte nicht den Eindruck, als wollte die Frau die Klinik für mehr als einen Spaziergang verlassen. Doch es war ohnehin niemand zu sehen. Jule fingerte ihr Handy heraus und wählte die Nummer der Auskunft für die Fähren.
„Wann ist die nächste Abfahrt? – Die letzte in vierzig Minuten? Das schaffe ich. Ach – kann ich die Überfahrt an Bord bezahlen? – Am Kassenhäuschen? Prima, danke.“
Mit raschen Schritten verließ sie die Station und blieb an Treppenaufgang zur Eingangshalle zunächst stehen und sich umzusehen. Ein dummer Einfall, wie sie sich eingestand. Sie würde den Privatdetektiv nicht einmal erkennen, wenn er direkt vor ihr stand. Und da sie hier auf Sylt nicht einmal eine Hand voll Menschen kannte, war im Prinzip jeder verdächtig; sie wusste nur, dass es sich um einen Mann handelte.
Trotzdem schaute sie suchend umher, konnte aber nichts Auffälliges erkennen. Jeder, der sich hier in der großen Eingangshalle befand, schien einer bestimmten Tätigkeit nachzugehen, niemand stand oder saß herum, um andere zu beobachten.
Jule hatte einfache Kleidung angezogen, sie fiel also nicht durch Extravaganz auf. Natürlich hatte sie nicht vor, sich beim Pförtner zu melden. In aller Ruhe, wie eine Besucherin, schritt sie hinaus. Das Herz schlug ihr bis zum Hals und raste wiederum, sie hoffte verzweifelt, dass nicht ausgerechnet hier und jetzt ein neuer Anfall kam. Hatte sie ihre Medikamente? Nur die Dosis für diesen Tag. In Dänemark musste sie rasch einen Arzt aufsuchen und sich einen Vorrat verschreiben lassen.
Jule Brinkhorst atmete auf, als sie sich auf der Straße befand. Es war purer Zufall, dass gerade ein Taxi hielt und einen Fahrgast entließ. Sie schlüpfte hinein.
„Zur Fähre nach Dänemark bitte“, gab sie ihr Fahrziel an.