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Jennifer Siegel Der Preis des Krieges

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Geld ist ohne Frage der Lebensnerv des Krieges. In der Moderne ist die Mittelbeschaffung zudem ständiger Streitgegenstand zwischen Vertretern einer Eigenkapitalfinanzierung und denen einer Schuldenfinanzierung gewesen. Am Ende hat sich, unterstützt von monetärer Manipulation, Letztere durchgesetzt.

Im Februar 1917, als der Erste Weltkrieg niemals zu enden schien, fand eine Ministerkonferenz der Alliierten in Petrograd, der Hauptstadt des russischen Kaiserreichs, statt. Drei Hauptthemen standen auf der Tagesordnung: die politische Zusammenarbeit; die Fragen der militärischen Koordination und der Versorgung; die Finanzierungsprobleme. Nach einer Woche Verhandlungen über eine ganze Reihe von Punkten, die teils weit von den ursprünglich vorgesehenen Themen abwichen, traf sich schließlich die Finanzkommission. Es heißt, dass Pjotr Lwowitsch Bark, der russische Finanzminister, sich der Versammlung vorstellte und die Sitzung eröffnete, indem er emphatisch verkündete, dass seit Langem bekannt ist, dass zur Kriegführung dreierlei unverzichtbar sei: primo das Geld, secundo das Geld und tertio noch einmal das Geld.

Bark hatte sich einen kurzen Augenblick der Eloquenz geleistet, doch seine Botschaft lag nicht weit ab von der Wahrheit, noch war sie sonderlich originell. Bereits zweitausend Jahre zuvor hatte Cicero in seiner fünften Philippischen Rede geschrieben, »unbegrenzte Geldmittel« seien das »Rückgrat jeder Kriegführung«1, der Lebensnerv des Krieges: nervos belli, pecuniam infinitam. Und als Ludwig XII. 1499 Vorbereitungen für den Krieg gegen Mailand traf, soll er gesagt haben, alles, was er brauche, sei »Geld, mehr Geld und immer Geld«. Die Geschichte ist voller Beispiele von Kriegen, die abgebrochen wurden, weil eine Seite sich aus Geldmangel gezwungen sah, sich um Frieden zu bemühen. Die moderne Finanzrevolution ist in vielerlei Hinsicht gerade als Antwort auf die Erfordernisse des modernen Krieges und zur Abhilfe gegen einige seiner Beschränkungen entstanden. Mit den technologischen Innovationen der militärischen Revolutionen des 16. und 17. Jahrhunderts stiegen die Kosten des Krieges exponentiell an. Um diese Ausgaben zu stemmen, waren die Nationalstaaten gezwungen, Finanzstrukturen und -institutionen zu schaffen, die in der Lage waren, die Geldmittel für ihre militärischen Abenteuer zu beschaffen. Diejenigen, die am besten dafür gerüstet waren, Kriege zu führen und zu gewinnen, verfügten auch über ausgefeilte Bankensysteme und konnten mittels Steuern Gelder eintreiben; vor allem konnten sie sich dank der ihnen zur Verfügung stehenden Finanzinstrumente wie der Ausgabe von Anleihen und von handelbaren langfristig verzinslichen Wertpapieren Geld leihen. Im modernen Krieg sind Kredite entscheidend, um Schlachten zu schlagen, Bündnisse und Koalitionen zu schließen und zu erhalten und um den Sieg davonzutragen. Eine hohe Kreditwürdigkeit bedingt den militärischen Erfolg.

Großbritannien war einer der ersten Staaten, die die strukturellen Herausforderungen des modernen Finanzwesens bewältigten. Die Gründung der Bank of England bot 1694 den Ausweg, um mit der Augsburger Allianz den Krieg gegen das Frankreich Ludwigs XIV. zu stemmen. Die britische Regierung benötigte dringend flüssige Geldmittel, um ihre Kriegsunternehmung und, noch wichtiger, die ihrer Verbündeten zu finanzieren. Sie gab eine ewige Anleihe von 1,2 Millionen Pfund aus, deren Zeichner den Namen »The Governor and Company of the Bank of England« erhielten. Diese ewige Anleihe war die entscheidende Innovation der Bank of England, die es der britischen Regierung erlaubte, sich über die gesamte Dauer des Krieges nur auf die Zahlung der Zinsen zu konzentrieren, ohne sich um die Erstattung des Kapitals zu sorgen. Dieser Vorteil bestätigte sich 1751, als die britische Regierung alle noch im Umlauf befindlichen Staatsanleihen mit hohem Zinssatz zu einem einzigen festverzinslichen Titel konsolidierte: dem Consol, einem nicht erstattbaren Rentenpapier, dessen Zinsen zeitlich unbegrenzt ausgezahlt wurden. Die Schaffung des ersten Consol erwies sich als äußerst vorteilhaft für die britische Regierung: Nun konnte sie wieder die Kontrolle über die öffentliche Verschuldung übernehmen, während sie bis dahin privaten Gläubigern ausgeliefert gewesen war, die Darlehen zu Wucherzinsen gaben. Die britischen Consols wurden bald als eine der sichersten und vertrauenswürdigsten Schuldforderungen am Markt nicht nur in Großbritannien, sondern auch außerhalb des Landes angesehen. Nach dem britischen Vorbild schufen auch andere Länder mit demselben Erfolg staatlich garantierte Wertpapiere.

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