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Ein Erwartungshorizont

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Die ersten Friedensvereine entstanden Anfang des 19. Jahrhunderts als Reaktion auf die revolutionären Wirren und auf die Konflikte, die seit dem Ende des 18. Jahrhunderts Amerika und Europa in Blut getränkt hatten. Auf moralische Erneuerung bedachte amerikanische und britische Quäkergruppen machten es sich zur Aufgabe, im Namen christlicher Werte für Frieden einzutreten. Seit Thomas von Aquin hatte die Kirche der Realität der menschlichen Gewalt mittels der Doktrin des gerechten Krieges Rechnung getragen. Mit ihr ließ sich der zeitliche Umfang der Kriege begrenzen, indem sie einem Hochschaukeln der Gewalt entgegenwirkte und die Häufigkeit der Konflikte verringerte. Die »Freundesgesellschaften« der Quäker hingegen betrachteten den Krieg als den Lehren Jesu Christi fundamental entgegengesetzt; infolgedessen konnte er ohne Ansehung des Kontexts nur zu verurteilen sein. Ihr Pazifismus war bedingungslos. Dieser prinzipielle Standpunkt übt bis heute einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung des pazifistischen Denkens und Handelns im angelsächsischen Raum aus, insbesondere was die Kriegsdienstverweigerung betrifft.

Die Friedensideen der Quäker erreichten Kontinentaleuropa im Laufe der 1820er Jahre. Die Vereine setzten sich im Wesentlichen aus Gebildeten und der bürgerlichen Elite zusammen, beides Gruppen, die auf Ansehen bedacht waren, kaum zu Radikalismus neigten und die Leidenschaften und die Disziplinlosigkeit der Massen fürchteten. Sie glaubten an die Moral und die Werte, die die Religion einimpft, an die Erziehung der Völker und an die fortschreitende Annäherung der Gesellschaften an ein Glücksideal. Die gesellschaftlichen und politischen Unruhen des 19. Jahrhunderts brachten dieses geordnete Bild allerdings durcheinander. Das Friedensthema tauchte tatsächlich in diesem Jahrhundert, das die Entwicklung von Utopien so begünstigte, mit neuem Nachdruck auf. Zu dem religiös inspirierten moralischen Pazifismus gesellte sich ein Friedensdiskurs, der sich auf radikalere soziopolitische Theorien stützte. Der Sozialismus versprach am Ende einer vollständigen Umgestaltung der sozioökonomischen und politischen Verhältnisse Gleichheit und soziale Gerechtigkeit, das heißt wirklichen Frieden. Auch die Liberalen sprachen von Frieden: Die um Richard Cobden gescharten Verfechter des Freihandels behaupteten, dass die Zunahme des Handels, die allgemeinen Wohlstand fördern würde, das ideale Mittel sei, um die ökonomischen Rivalitäten, aus denen die Kriege entsprängen, zu verringern. Selbst die Nationalisten schrieben ihren Kampf dem symbolischen Feld des Friedens ein: Die Kriege würden aufhören, wenn jede Nation ihre Unabhängigkeit erlangt habe, was auf die Gefahr hin zu erreichen sei, dass ein (letzter) Befreiungskrieg gegen den Besatzer geführt werden müsse. Der gemeinsame Nenner dieser Internationalismen war: Sie dachten den Frieden nicht als ethischen Ausgangspunkt, aus dem sich das Handeln ergab, sondern vielmehr als einen Endpunkt, einen Erwartungshorizont.

Eine Geschichte des Krieges

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