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Ungezügelter Rückgriff auf den Inlandskredit

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In der Zwischenkriegszeit begrub der riesige Schuldenberg die Weltwirtschaft und das internationale Währungssystem unter sich und half ein Klima schaffen, in dem die Weltwirtschaftskrise zum Ausbruch kam. Die Diskussion um den multilateralen Schuldenerlass dominierte die internationalen Beziehungen über einen guten Teil der 1920er Jahre. Kaum zwanzig Jahre nach Ende des Ersten Weltkrieges brach unter den Spannungen, die nicht zuletzt infolge der Kosten und Finanzierungsmethoden dieses Konflikts entstanden waren, der Zweite Weltkrieg aus. Alle hatten noch die Lehren aus den finanziellen Herausforderungen des Ersten Weltkrieges in wacher Erinnerung, da diejenigen, die die Mittel zur Finanzierung dieses neuen Krieges finden sollten, oft genug dieselben waren wie 1914–1918. Das war der Fall bei John Maynard Keynes, der im Ersten Weltkrieg mit dem britischen Schatzamt zusammengearbeitet hatte. Nach der beträchtlichen Verschuldung in diesem Krieg waren fast alle Experten zu der Einschätzung gelangt, den neuen Krieg müsse man im Wesentlichen ohne Anhebung der Staatsschulden finanzieren (pay as you go), indem man vor allem auf Steuererhöhungen zurückgriff, wenngleich man damit rechnete, auch Anleihen zu verwenden und neues Geld zu drucken. Letzten Endes stellte sich heraus, dass diese Art von Finanzierung mehr einer Wunschvorstellung als der Realität entsprang, und so waren es die keynesianischen Theorien, die sich zugunsten der Neuverschuldung und auf Kosten eines ausgeglichenen Haushalts durchsetzten. Die Hauptkriegsteilnehmer bedienten sich völlig ungezügelt des Inlandskredits. Umgekehrt nahm man dieses Mal davon Abstand, Auslandskredite hinzuzuziehen, die unter den Alliierten zu einem hohen Verschuldungsniveau geführt und ihren Schatten über die gesamte Zwischenkriegszeit gelegt hatten. So entschieden die Vereinigten Staaten, statt den Alliierten direkt Geld zu leihen, ein Leih- und Pachtprogramm einzurichten, über das sie den gegen Deutschland, Italien und Japan im Krieg befindlichen Nationen im Austausch für vereinbarte Zahlungen ohne Einschränkung alle Güter und Ausrüstungsgegenstände lieferten, denen der US-Präsident Franklin D. Roosevelt bestätigte, unter das »Interesse der nationalen Verteidigung« zu fallen. Am Ende des Krieges hatten die Vereinigten Staaten ihren Verbündeten für 50,1 Milliarden Dollar Munition, Rohstoffe, Treibstoff, Industriemaschinen, Nahrungsmittel und Transportschiffe geliefert. Zu einem großen Teil ersetzten die von den Schuldnerstaaten erbrachten Opfer im Krieg die Rückzahlung; der Hauptteil dessen, was die Verbündeten schuldeten, wurde von den Vereinigten Staaten erlassen, wodurch jene Schuldenberge vermieden wurden, die das internationale System der Zwischenkriegszeit vergiftet hatten. Angeregt von der Erfahrung des Ersten Weltkrieges, entschieden sich die Regierungen für eine Geldpolitik, mit der sie die Verschuldung und die Inflation im Griff behalten konnten und die vor allem für jede Nation sicherstellte, dass ihre Produktionskapazität für Kriegsgerät sich lange vor dem zu seiner Finanzierung notwendigen Geld erschöpfte.

Im expansionistisch ausgerichteten nationalsozialistischen Deutschland nahm diese Politik die Form einer strikten Preis- und Lohnkontrolle an. Der napoleonischen Methode folgend, die Besiegten für ihre eigene Besetzung zahlen zu lassen, wurden bei den Zentralbanken der eroberten Länder »Besatzungssteuern« erhoben. Da sie in die Wirtschaft Großdeutschlands eingebunden waren, unterlagen sie gleichermaßen der Preis- und Lohnkontrolle. In gleicher Weise finanzierte Japan seine Kriegsunternehmung in Asien und im Pazifik sowie seine Besetzung Südostasiens in erster Linie durch Ausgabe neuen Geldes, außerdem indem es sich ein striktes Geldmonopol vorbehielt und indem es die besetzten Gebiete im Namen der »Großostasiatischen Wohlstandssphäre« ausbeutete.

In Großbritannien wurden eine Preis- und Lohnkontrolle, Zugriff auf den Diskontsatz und eine Kontrolle der Kapitalflüsse eingerichtet, um kurz- und langfristig die Inflation und die Schulden zu begrenzen. In der Sowjetunion mit ihrer Planwirtschaft funktionierte die Preis- und Lohnkontrolle bereits als Mittel der direkten Besteuerung der Bevölkerung, die zusammen mit den 1942 ausgegebenen Kriegsanleihen dem Land erlaubte, mehr als alle anderen europäischen Kriegsteilnehmer dem Ziel einer Finanzierung des Krieges ohne Erhöhung der Staatsschulden nahezukommen. Dennoch lastete der Krieg so schwer auf der Bevölkerung und den produktiven Ressourcen, dass die Belastung auch nach dem Krieg beträchtlich blieb. Den Vereinigten Staaten, die wie schon im Ersten Weltkrieg über eine solidere finanzielle Basis verfügten als die anderen Kriegsteilnehmer, gelang es am besten, die finanziellen Kosten des Zweiten Weltkrieges – ungefähr 413,7 Milliarden Dollar – mittels Rückgriff auf Steuern zu stemmen. So stieg die Einkommenssteuer von 1,6 Milliarden Dollar 1941 auf 18,7 Milliarden Dollar 1945. Dennoch reichte das nur für 46 Prozent der Kriegsausgaben, für den Rest kamen Geldschöpfung und Verschuldung auf. Die Federal Reserve ging, um den Anleihenmarkt zu stützen, beim direkten Aufkauf von Schuldtiteln der Regierung viel weiter als im Ersten Weltkrieg. Wie schon beim vorangegangenen Konflikt löste die Notwendigkeit einer vollen Schuldentilgung nach dem Krieg endlose Debatten aus. Doch wie zuvor gab man der Verschuldung aufgrund ihrer ökonomischen Vorteile als Triebmittel des Wirtschaftswachstums den Vorzug gegenüber Maßnahmen, die zur Rückzahlung der Schulden notwendig gewesen wären.

Eine Geschichte des Krieges

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