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3.2 Entwicklung ab 2020

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Die im 1. Quartal 2020 auch in Deutschland angekommene Corona-Pandemie hat dem NPL-Markt eine Dynamik verliehen, wie es sie seit der Finanzkrise Ende des ersten 2000er Jahrzehnts nicht mehr gegeben hat. Ein zweifacher Lockdown (voller Lockdown im März/April 2020 sowie „Lockdown light“ im November/Dezember 2020) mit Produktionsstopps, Konsumrückgang im Einzelhandel und einer generellen Investitionszurückhaltung[41] sorgten dafür, dass die Finanzinstitute mit stark ansteigenden Ausfallquoten bei ihren Krediten rechnen müssen. Allerdings hat das 3. Quartal 2020 aufgrund niedriger Corona-Zahlen in den Sommermonaten zu einem deutlichen Wirtschaftswachstum (8,5% gegenüber dem 2. Quartal) geführt, so dass sich der trotz allem erwartete und durch steigende Corona-Zahlen im 4. Quartal befeuerte wirtschaftliche Abschwung Ende des Jahres 2020 noch nicht in bedrohlichen Ausfallquoten niedergeschlagen hat. Auch die Transaktionstätigkeiten sind bisher nicht gestiegen. Dieser Umstand dürfte auf mehreren Faktoren basieren:

 Zum einen sorgen staatliche Unterstützungsprogramme, allen voran das bis Ende 2021 ausgezahlte Kurzarbeitergeld, dafür, dass die Corona-bedingte Wirtschaftskrise nur abgeschwächt auf die Verbraucher durchschlägt. Dies zeigt sich in einer im Jahre 2020 vergleichsweise moderat gestiegenen Arbeitslosenquote (ca. 20%iger Anstieg ggü. 2019 auf 6% im Oktober 2020). Viele Unternehmen, deren Geschäftsmodell unter der Corona-Krise leidet und deren größte Aufwandsposition Personalkosten sind, dürften sich durch diese Maßnahme wirtschaftlich über Wasser halten.

 Zum anderen hat die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für überschuldete Unternehmen bis Ende April 2021[42] dafür gesorgt, dass weit weniger Insolvenzen beantragt worden sind als in einem normalen Marktumfeld.[43] Für zahlungsunfähige Unternehmen gilt diese Regelung nicht, jedoch wird diese Maßnahme flankiert von der Zahlung von Kurzarbeitergeld, was wiederum für einen Aufschub der Zahlungsunfähigkeit bei vielen Unternehmen sorgt.

 Die niedrige Zahl an Insolvenzanträgen ist auch im Bereich der Verbraucher spürbar. Die seitens der Bundesregierung früher als ursprünglich geplant verabschiedete und nahezu ohne Übergangsfrist rückwirkend zum 01.10.2020 eingetretene dreijährige Frist zur Erlangung der Restschuldbefreiung (ohne die Erfüllung von Voraussetzungen) hat dazu geführt, dass Insolvenzanträge aufgeschoben wurden, um diese Regelung als Entschuldungsinstrument nutzen zu können.

 Des Weiteren haben viele Institute in den zurückliegenden, wirtschaftlich erfolgreichen Jahren Reserven aufgebaut, von denen sie jetzt zehren. Diese dürften allerdings in den Folgejahren aufgebraucht oder zumindest empfindlich geschmälert worden sein, so dass in den Risikoabteilungen auch mit einem deutlich steigenden Transaktionsgeschäft gerechnet wird.[44] Dies dürfte sich insbesondere in den Jahren 2021 und 2022 zeigen.

Verkäufe notleidender Kredite haben sich unter den Workout-Optionen der Banken zu einer festen Alternative entwickelt. Dabei herrscht in Deutschland unverändert eine starke Nachfrage durch Investoren. Kapital ist in ausreichendem Maße vorhanden, es fehlte jedoch in den vergangenen Jahren an ausreichenden Akquisitionsmöglichkeiten.[45] Die positive wirtschaftliche Situation in Deutschland und die hohe Nachfrage nach Immobilien als Anlageobjekt hatten bis Ende 2019 dafür gesorgt, dass NPL-Bestände in den Bilanzen der Banken gesunken sind und viele Institute sehr gute Realisierungsquoten in der eigenen Bearbeitung erwirtschaften.

Durch die Corona-Pandemie in 2020 wird sich das Blatt nun voraussichtlich wenden. Das Jahr 2020 wird dabei (noch) nicht als das Jahr der Krise gesehen, sondern erst als Anfang eines zu erwartenden wirtschaftlichen Abschwungs. Eine steigende Verschuldung,[46] steigende NPL-Bestände und eine vermehrte Transaktionstätigkeit sind zu erwarten. Im Unterschied zur Finanzkrise 2008 werden Banken jedoch nun als Teil der Lösung und nicht als Teil des Problems gesehen.[47]

Die NPL-Industrie steht, auch aufgrund einiger Initiativen der EU, vor tiefgreifenden Veränderungen. Seitens der EU Kommission wurde kurz vor Jahresschluss 2020 ein NPL Action Plan verabschiedet, der einige Vorschläge und Maßnahmen enthält, die in 2021 umgesetzt werden sollen:[48]

 Weiterentwicklung der Sekundärmärkte für notleidende Aktiva: Hiermit der wird der Kommissionsvorschlag über Kreditdienstleister und Kreditkäufer aus dem Jahr 2018 wieder aufgegriffen und erweitert.[49] Kernelemente dieser Richtlinie sind:Erweiterter Konsumentenschutz mit Informationspflichten und Vorschriften zum Umgang mit Schuldnern.Niedrigere Markteintrittsbarrieren für Investoren und Servicer zur Förderung des Wettbewerbsumfelds und Passporting, das die Arbeit in anderen EU-Mitgliedstaaten erlaubt, wenn in einem Mitgliedstaat die Zulassung erteilt worden ist.Einführung von verbindlichen Data Templates zum Datenaustausch zwischen Verkäufer und Käufer.

 Erweiterte Möglichkeiten zur außergerichtlichen Realisierung von Kreditsicherheiten (speziell Immobilien).

 Reform der EU-Vorschriften zu Unternehmensinsolvenzen und Schuldenbeitreibung: Der Fokus liegt hier auf der Harmonisierung des Insolvenzrechts und der Schaffung einheitlicher Verfahrensweisen. Die Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie in die nationalen Rechtsvorschriften ist ein erster Schritt.

 Schaffung einer zentralen elektronischen Datenplattform auf EU-Ebene. Eine solche Plattform würde als Datenregister für den Handel mit notleidenden Krediten fungieren, einen besseren Informationsaustausch zwischen allen Beteiligten (Kreditverkäufern, Kreditkäufern, Kreditdienstleistern, Vermögensverwaltungsgesellschaften und privaten NPL-Handelsplattformen) ermöglichen und so einen effizienten Umgang mit notleidenden Krediten sicherstellen.[50]

 Förderung von Einrichtung und EU-weiter Zusammenarbeit nationaler Vermögensverwaltungsgesellschaften: Die EU plant Errichtung eines EU-Netzwerks aus nationalen Vermögensverwaltungsgesellschaften (Asset Management Companies (AMCs)). Diese AMCs könnten in größerem Umfang notleidende Forderungen übernehmen und sich in ihrem EU-weiten Netzwerk über geeignete Vorgehensweisen austauschen, für die Durchsetzung von Daten- und Transparenzstandards sorgen und die Koordinierung von Maßnahmen erleichtern. Einer der zu beachtenden Punkte zu diesem Thema ist, dass es durch diese AMCs aufgrund staatlicher Unterstützung zu keiner Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der privatwirtschaftlichen Unternehmen kommt.[51]

 Vorsorgliche Maßnahmen: Zur Bewältigung der Corona-Pandemie sind vorsorgliche öffentliche Unterstützungsmaßnahmen zulässig.

Es bleibt abzuwarten, wann und wie die seitens der EU geplanten Initiativen und Maßnahmen zur Bewältigung drohender NPL-Bestände in jeweiliges nationales Recht umgesetzt werden.

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