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6. Schlussfolgerung

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Wenn GestalttherapeutInnen mit psychopathologischem Leiden konfrontiert sind, müssen sie das, was sie bei der KlientIn sehen, hören und fühlen in eine Landkarte umsetzen, die ihr Verständnis erleichtert, wie die KlientIn ihr Erleben im aktuellen Phänomen entwickelt hat. Wir brauchen eine Theorie, um die Entwicklung der vorherigen Kontakte im Hier-und-Jetzt zu verstehen. Um dies zu erreichen, müssen wir die Idee der Entwicklungsphasen ablegen und über die Entwicklung von Bereichen nachdenken, Kontaktfähigkeiten, die sich während des gesamten Lebens autonom entwickeln und als momentane Gestalt in der therapeutischen Situation auftauchen. Ich habe hier eine Landkarte der polyphonen Entwicklung von Bereichen gezeichnet, die es GestalttherapeutInnen ermöglicht, sich zu orientieren, indem sie die verschiedenen Verflechtungen der unterschiedlichen Bereiche im Hier-und-Jetzt des therapeutischen Kontakts erkennen. Auf diese Weise können sie die Kontaktintentionalität, das Motiv des Hilfegesuchs der PatientIn, besser unterstützen.

Beim körperlichen Ansatz in der Gestalttherapie ersetzt das Konzept der Beziehungsmuster der Bewegung (Frank 2005) in gewisser Weise das, was das Konzept des Unbewussten für die Psychoanalyse ist. Die Suche nach dem unbewussten Impuls, der das Leben für soziale Beziehungen konditioniert, wird durch die phänomenologische Beobachtung ersetzt, wie die PatientIn ihre eigenen Muster konstruiert, nach denen sie sich Anderen annähert oder sich von ihnen entfernt. Auf diese Art wird das anatomische Wissen in die Bewusstheit einer Erfahrung in fieri10 integriert: Kurz gesagt geht es dabei um phänomenologischen Realismus, es geht nicht darum, den Konflikt zwischen den Ansprüchen einer erwachsenen Zivilisation und der urtümlich-wilden Spontaneität eines Kindes zu übersetzen.

Widerstände [werden] in der üblichen Charakteranalyse »angegriffen«, die »Abwehrmechanismen« werden aufgelöst usw. Wenn die Bewußtheit dagegen schöpferisch ist, dann werden eben diese Widerstände und Abwehrmechanismen … als aktive Ausdrucksformen der Vitalität angesehen … (Perls / Hefferline / Goodman 2006, Bd. 1, 51)

Das ist der Schlüssel zur Arbeit mit der Tiefe der Oberfläche, mit den körperlichen Prozessen, die im Hier-und-Jetzt den therapeutischen Kontakt bedingen: Es hat einen Grund, dass die körperliche Empfindung der PatientIn in der Beziehung besteht. Und das Gefühl, in diesem gutgemeinten Prozess unterstützt zu werden, macht es der PatientIn im Kontakt mit der TherapeutIn möglich, die körperliche Anspannung zu lösen und das Auftauchen von Bewusstheit, der Unmittelbarkeit der Sinne, der spontanen Gefühle zuzulassen. Das alte Konzept von Übertragung und Gegenübertragung kann auch durch die TherapeutIn als »an der Grenze sein« neu definiert werden: Die dichotome Mentalität, nach der die TherapeutIn den Erfahrungen der PatientIn gegenüber »neutral« bleiben muss, kann so völlig überwunden werden. Die TherapeutIn-/PatientIn-Dyade reguliert sich in dem Setting selbst und die TherapeutIn hat gelernt, dass ihre Gefühle zu diesem Feld gehören und dass sie sie für therapeutische Zwecke nutzen kann, anstatt sie als Hindernisse für die Behandlung zu betrachten.

Wenn wir dieser Perspektive in der Psychotherapie einnehmen, können wir sogar den schwersten psychischen Störungen begegnen, die heutzutage immer weiter verbreitet sind und bei denen die primäre Beziehung zwischen Körper, Geist und Umwelt eine grundlegende Rolle spielt.

Gestalttherapie in der klinischen Praxis

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