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2. Flüchtigkeit

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Ein zweites prägendes Kontextmerkmal der neuen Ära, die Zygmunt Baumann als „Flüchtige Moderne“4 bezeichnet, ist das veränderte Raum- und Zeitgefühl. Nichts ist von Dauer. Die Zeit ist nicht länger ein Kontinuum, das sich als verlässliche Konstante durch die Lebensgeschichte zieht, sondern ist eine Abfolge von Episoden. Die Zeit wird auf den Punkt gebracht. Der Augenblick, die Jetzt-Zeit wird zum entscheidenden Zeitmaß und Zeitgefühl.

Auch die menschliche Identität durchläuft diesen Episodenprozess. Man spricht von der flüchtigen Identität und von Patchwork-Identitäten. Die Identität ist keine Lebenslinie mehr, sondern eine Ansammlung von Episodenpunkten ohne inneren Zusammenhang. Menschen unserer Gegenwart sind nicht mehr eingebettet in ein festes System, das ihnen auf Dauer Sicherheit, Orientierung und Halt gibt, sondern sie sind „entbettet“. Und die flüchtige Moderne bietet auch keine Chancen zu einer Wiedereinbettung. Die Möglichkeiten sich neu zu betten, zerbröseln bevor man es sich bequem gemacht hat. Und in der Flüchtigkeit der Zeit herrscht Bettenknappheit.

Die zunehmende Beschleunigung führt zu einer zunehmenden „Entfremdung“ des Menschen, so der Soziologe Hartmut Rosa5. Das Paradoxe dabei ist, dass zum Beispiel durch technische Beschleunigungen wie Computer, Internet, Verkehrsmittel wie Auto, Haushaltstechnologien wie Geschirr- und Waschmaschine, nicht mehr Zeit zur Verfügung gestellt wird, sondern die Menschen noch gehetzter werden. Immer mehr E-Mails müssen geschrieben werden, immer größere Entfernungen müssen bei Arbeit und Freizeit zurückgelegt werden, immer mehr Kleidungen und Geschirr werden angeschafft und werden gebraucht. Der Grund liegt darin, dass die Wachstumsraten höher als die Beschleunigungsraten sind und die Zeitknappheit ein ständiger Begleiter ist. Wachstum, Wettbewerb, und das zunehmende Problem der Endlichkeit in der diesseitigen Welt sind die Motoren dieser Beschleunigung. Die Folge dieser Beschleunigung ist, dass die Zeit schrumpft. Hartmut Rosa spricht hier von einer sogenannten Gegenwartsschrumpfung. Der Erfahrungsraum der Vergangenheit und der Erwartungsraum der Zukunft fallen zusammen, schrumpfen zur Jetzt-Zeit zusammen. Durch die Beschleunigung durch Multitasking wird das Leben erlebnisreicher aber auch erfahrungsärmer.

Auch der Raum und das Raumgefühl schrumpfen mit zunehmender Beschleunigung zum Beispiel im Transportwesen und in der Kommunikation. Moderne Reisende kämpfen mit Flugplänen, Umsteigezeiten, Staus und Verspätungen, aber nicht mehr mit dem Hindernis des Raums. Der Raum wird in der Moderne immer kleiner. Der Raum verliert dabei aber auch für die meisten sozialen Handlungen und Interaktionen seine vorrangige Bedeutung. Dieses hat Auswirkungen auf unser Empfinden des In-der-Welt-Seins.

Kirchlicher Dienst in säkularer Gesellschaft

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