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1.2. ‚Höfische‘ Dichtung. Hartmann und der literaturgeschichtliche Kontext

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Somit verweist das von Hartmann entworfene ritterliche Selbstbild auktoriale Selbstdarstellungin den Raum einer neu entstehenden und an der klerikalen Schriftkultur partizipierenden Form literarischer SchriftlichkeitSchriftlichkeit. Denn der gelehrte Ritter ist ja nicht zuletzt ein Ritter, der den Anspruch geistlicher Bildung ins Weltliche transponiert und so als Ausdruck für ein neues Selbst- und Kunstbewusstsein volkssprachlicher Dichtung verstanden werden kann. Der gelehrte Ritter, der über Lesekompetenzen und Bildungswissen verfügt, wird zum Repräsentanten und Protagonisten ‚höfischer‘ Dichtung. Diese Dichtung mit ihrer Schwerpunktsetzung auf profane, lebensweltliche Gegenstände (Ritterschaft, Liebe, Abenteuer) markiert eine literaturgeschichtliche Zäsur. Zwar gab es auch schon zuvor eine volkssprachliche Schriftlichkeit; diese aber diente Mönchen und Geistlichen fast ausschließlich dazu, den weniger Lateinkundigen Glaubenstexte und christlich-heilsgeschichtliche Inhalte nahezubringen. Ab Mitte des 12. Jahrhunderts begann dann eine kleine kulturelle Elite innerhalb des Laienadels Einfluss auf die literarische Produktion zu nehmen. Der Literaturbetrieb, der wahrscheinlich an den großen Fürstenhöfen sein neues Zentrum fand, wurde nun von ganz anderen Faktoren bestimmt als zuvor in den Klöstern. HofkulturDas Urteil und die Wünsche des Publikums dürften die literarischen Werke geprägt haben, aber die zentrale Instanz war der adlige Gönner, der die Tätigkeit der Autoren finanzierteAuftraggeberAuftragsdichtung. Ohne dessen Bereitstellung von literarischen Vorlagen, Schreib- und Beschreibstoffen sowie materieller Entlohnung ist die Entstehung der ‚höfischen‘ Literaturhöfische Dichtung nicht denkbar. Gleichwohl findet sich im Werk Hartmanns von Aue kein einziger Name eines Gönners. Ausgerechnet der bedeutendste ‚höfische‘ Autor des 12. Jahrhunderts verzichtet darauf, seinem Finanzier die Ehre zu erweisen und ihn namentlich zu erwähnen. Dies ist umso erstaunlicher, als nahezu unser gesamtes Wissen über die Gönnertätigkeit von Adligen den literarischen Texten selbst entnommen werden muss, da historische Quellen weitestgehend fehlen.

Im folgenden Abschnitt werden die bildungsgeschichtlichen Voraussetzungen für diesen tiefgreifenden kulturellen Wandel dargestellt und das Werk Hartmanns von Aue in die literarische Entwicklung bis um 1200 eingeordnet. Dafür wird zunächst einmal die Frage erörtert, wer in der mittelalterlichen Gesellschaft überhaupt lesen und schreiben konnte und wie wir uns die Rezeption der neu entstehenden ‚höfischen‘ Literaturhöfische Dichtung vorzustellen haben (1.2.1.). Anschließend wird die Bedeutung der großen Fürstenhöfe für die Verbreitung der neuen literarischen Formen erörtert (1.2.2.) und die Vorreiterrolle der Romania skizziert (1.2.3.). Die deutschen Adeligen orientieren sich nämlich an der HofkulturHofkultur, die in verschiedenen Regionen des heutigen Frankreich schon in der ersten Jahrhunderthälfte entstanden war. Volkssprachliche Literatur war ein zentraler Bestandteil dieser romanischen HofkulturHofkultur und wurde ab ca. 1160 in der deutschen Dichtung adaptiert. Die deutschen Autoren übernahmen ausgewählte lyrische Subtypen und übersetzten Romane – so auch Hartmann von Aue, der zwei Artusromane Chrétiens de TroyesChrétien de Troyes ins Deutsche übersetzte, daneben aber auch auf einheimische und lateinische literarische Traditionen zurückgriff (1.2.4.).

Hartmann von Aue

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