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1.3. Fazit

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Mit Hartmann von Aue begegnet uns ein ausgesprochen vielseitiger Autor, der lyrische, groß- und kleinepische Texte verschiedener Gattungen gedichtet hat und mit der romanischen, lateinischen und auch deutschsprachigen Literaturtradition bestens vertraut war. In seiner Traditionsbindung an romanische und einheimisch deutschsprachige literarische Formen zeigt sich Hartmann als typischer (aber qualitativ herausragender) Vertreter des hochmittelalterlichen Literaturbetriebs, in dem nicht das Dichten von Originalen, sondern v.a. das kunstvoll-überbietende (Nach-)Dichten bekannter Stoffe sowie die Retextualisierung bereits existierender Erzählungen (ähnlich wie heutzutage das Remake eines Films) hoch angesehen waren (Worstbrock 1999, Bumke/Peters 2005). Daneben besticht er durch die Neuakzentuierung lateinischer Texttypen, die er mit Motiven und Themen verschränkt oder auch wie in der ‚Klage‘ ausfüllt, die der sich entwickelnden ‚höfischen‘ Literatur des 12. Jahrhunderts entstammen. Vor allem in seiner Legende vom guten Sünder Gregorius, aber auch in seiner Erzählung vom Armen Heinrich wirken sprachliche Konventionen weiter, die sich bereits in der deutschsprachigen Literatur mit geistlicher Thematik im 11. und 12. Jahrhundert herausgebildet haben (Unzeitig 2010:231). Der Rückgriff auf die literarischen Formen der Leib-Seele-Dialoge und des selbstbetrachtenden Dialogs in der ‚Klage‘ zeigen darüber hinaus, dass Hartmann auch mit der lateinischsprachigen Literaturtradition vertraut war. Diese Texttypen sind in der deutschsprachigen Literatur vor Hartmann nicht vertreten.

Auch zeitgenössische und nachfolgende mittelalterliche Dichterkollegen weisen ihm eine Ausnahmestellung unter den deutschsprachigen Autoren zu und stellen ihn auf eine Ebene mit Wolfram von EschenbachWolfram von Eschenbach‚Parzival‘, dem Dichter des ‚Parzival‘ und des ‚Willehalm‘, sowie Gottfried von StraßburgGottfried von Straßburg‚Tristan‘, dem Verfasser des ‚Tristan‘. Sie rühmen v.a. Hartmanns sprachliche Virtuosität, seine gedankliche Brillanz und seine Gedankentiefe. Am eindrücklichsten hat dies Gottfried formuliert, der ihn als den größten lebenden Dichter bezeichnet und ihn mit schapel und lorzwî, also mit Sieges- und Lorbeerkranz, zum virtuellen Dichterkönig krönt:

Hartman der Ouwære

ahî, wie der diu mære

beide ûzen unde innen

mit worten und mit sinnen

durchverwet und durchzieret!

wie er mit rede figieret

der âventiure meine!

wie lûter und wie reine

sîniu cristallînen wortelîn

beidiu sint und iemer müezen sîn!

si koment den man mit siten an,

si tuont sich nâhen zuo dem man

und liebent rehtem muote.

swer guote rede ze guote

und ouch ze rehte kan verstân,

der muoz dem Ouwære lân

sîn schapel unde sîn lôrzwî. (GoTr 4621–4637)

Hartmann der Ouwære, ei, wie der die Erzählungen sowohl auf der Oberfläche als auch auf der Bedeutungsebene mit Worten und mit Sinn einfärbt und durchzieht! Wie er mit der Sprache die Bedeutung der Geschichte formt! Wie klar und wie rein seine kristallinen Wortelein sind und immer sein werden! Sie kommen dem Menschen mit Anstand näher, sie gehen dem Menschen nahe und erfreuen den rechten Geist. Wer auch immer gute Sprache gut und auch richtig verstehen kann. der muss dem Ouwære seinen Sieger- und seinen Lorbeerkranz lassen.

Weiterführende Literatur: Einen vorzüglichen Überblick über die Literaturgeschichte des 12. und 13. Jahrhunderts sowie ihre historischen Kontexte bietet Bumke 1990. Literarische Autorbilder dieser Epoche stellt Peters 1991 vor. Eine differenzierte Analyse der Formen, in denen Autorschaft zum Thema in den literarischen Texten des 12. und 13. Jahrhunderts wird, und ihre Herkunft bietet Unzeitig 2010. Die in der älteren und neueren Literaturwissenschaft gleichermaßen geläufige Trennung zwischen Autor und Erzähler problematisiert überzeugend Kablitz 2008. Den mangelnden Zeugniswert der literarischen Autorstilisierungen für die Rekonstruktion einer Biographie Hartmanns zeigt Reuvekamp-Felber 2001 auf. Raumann 2010 arbeitet minutiös das Vexierspiel von Historizität und Fiktion in den Artusromanen Hartmanns heraus. Über die Rezeption literarischer Texte im Mittelalter bis 1300 informiert grundlegend Green 1994. Einen hervorragenden Überblick über die deutschsprachige Lyrik bis in die Zeit Hartmanns von Aue bietet Schnell 2012a und 2012b.

Hartmann von Aue

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