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1.4 Protagonisten der Angst – Phobos und Deimos

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Im Gefolge des Kriegsgottes Ares (röm. Mars) befanden sich, der Mythologie zufolge, Phobos und Deimos (röm. Pavor und Pallor), die Verkörperungen von Furcht und Schrecken, welche insbesondere im Rahmen von akuten kriegerischen Auseinandersetzungen zusammen mit Eris, der Personifikation des Zwistes, auftreten. Zur Beschreibung der Auswirkung einer solchen Konstellation griff Homers Ilias wiederum auf die Grundlagen der Mythologie, den Vergleich mit angsteinflößenden Naturgewalten zurück, wenn die sich gegenüberstehenden Schlachtreihen der Griechen und Trojaner mit dem stürmischen Meer und bedrohlich hohem Wellengang verglichen werden:

„[…] da hätte auch den Standhaften Schrecken ergriffen,/wie sich die Meeresflut am widerhallenden Strande/Woge für Woge erhebt, getrieben vom Wehen des Westwinds;/ draußen auf offener See behelmt sie zuerst sich, doch später/braust sie laut, sich am Festland brechend, und um die Klippen/bäumt sie gebogen sich hoch und speit von sich den Salzschaum.“ (Ilias 4, 421–426, übers. v. R. Hampe 2004; zitiert nach Böhme 2008, 158f.)

Nachdem Eris zunächst den Streit angefacht hatte, treten Phobos und Deimos als Kombination aus aktiver Drohung und passivem Schrecken in Aktion, wobei insbesondere ersterer als transpersonale Macht, nicht als interne Gefühlsregung einzelner Krieger, verstanden wurde. Phobos, für den sogar eigene Kulte und Opferzeremonien nachgewiesen sind (z.B. in Sparta, oder auch in Plutarchs Vita Alexanders des Großen), verkörpert hier das dynamische Element, indem er sich zwischen den beiden Heeren aufbaut und sich gleichzeitig als aktiv furchteinflößender Angstfaktor wie auch als Verursacher einer kollektiv raumfüllenden Furcht erweist, analog zu der transitiven und intransitiven Verwendung des griechischen Verbs phobeo (φοβέω). Dies ist auch der Ansatzpunkt für die griechischen Tragiker (Aischylos, Sophokles und Euripides), wenn sie die Auswirkungen des Phobos als raumfüllende und insgesamt besitzergreifende Angst charakterisieren: „Phobos schließt mein Gemüt ein“ (Aischylos, zitiert nach Böhme 2008, 162), mehr noch, als eine Art atmosphärischer Macht, in deren Zentrum das Tremendum steht (so dann bei den Historikern Herodot und Thukydides).

Eng verbunden mit Phobos ist sein Bruder Deimos, dem bei Homer weniger Individualität als dem Phobos beigemessen wird, der aber umso mehr mit dem Wortfeld deima/deos (griech. δεῖμα/δέος) in Zusammenhang gebracht werden kann, als Manifestation des durch göttliche Willkür verursachten Schreckens, dem der Mensch ausschließlich mit Respekt und Ehrfurcht begegnen kann. Deimos/Deima tritt genau dann in Aktion, wenn das leibhaftige Erscheinen der Götter in den Menschen zunächst maßloses Erschrecken, in der Folge dann eine konstante Angst erzeugt, zu deren Bewältigung dann Deos, die Gottesfurcht, ihren Ausdruck in kultischen Handlungen findet. Deimos kann sich in seiner unerwarteten Abruptheit sogar als tödlich für den Menschen erweisen, so für Semele, die Geliebte des Zeus – der nicht zu Unrecht den Beinamen Deimatios, ‚der in Schrecken versetzt‘, trägt – deren Wunsch, ihren Geliebten in seiner göttlichen Gestalt zu erschauen, sich für sie als unerträglich erweist: sie verglüht beim Anblick des Zeus zu Asche.

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