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2. Die Würde des Menschen als vermittelndes Prinzip von Freiheit und Gleichheit

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Diese fundamentale gleiche Fähigkeit der natürlichen Rechtsperson, frei zu sein, ist das gesuchte Kriterium, um Freiheit und Gleichheit in einer gerechten Rechtsordnung zu vermitteln. Umverteilung und Antidiskriminierungsgesetzgebung ist gerechtfertigt, um Behinderungen bei der individuellen Realisierung der Freiheit zu beseitigen79. Der Gerechtigkeit geht es nicht deshalb um Gleichbehandlung, weil ein Teil der Gesellschaft unverdienter- oder verdientermaßen mehr besitzt als andere; zum Schutz der Würde fordert sie vielmehr Umverteilung weil und insofern dies notwendig ist, um dem Einzelnen die Voraussetzungen zu selbstbestimmtem Leben zu gewähren, die er sich selbst nicht beschaffen kann80. Hier wirkt die Würde des Menschen zugleich auch als Grenze, denn Unterstützungsleistungen sollten nicht so weit gehen, eine Gleichheit der Ergebnisse herzustellen. Dies würde die Realisierung der Fähigkeit des Menschen, sich selbst zu dem zu machen, der er sein will, beeinträchtigen. Wer aus eigener Schuld in eine schlechtere Lebenssituation als andere geraten ist, dem ist nicht deshalb Hilfe zu versagen, weil dies die Folge seiner freien Handlung ist, sondern wenn und weil er sich selbst daraus befreien kann. Das bedeutet aber zugleich, dass er auch dann, wenn er sich selbstverschuldet in einer menschenunwürdigen Lebenssituation befindet, aus der er sich nicht befreien kann, Anspruch auf Unterstützung in dem Umfang hat, dass er dazu wieder in die Lage versetzt wird. Insofern wird leistungsrechtlich die Gerechtigkeitskonzeption der Liberalisten korrigiert81.

Nach der bisherigen Argumentation könnte es scheinen, als sei der vorliegende Ansatz, wonach rechtliche Gerechtigkeit der an der Menschenwürde orientierter Ausgleich zwischen Freiheit und Gerechtigkeit sei, substantialistisch und nicht prozedural. Dies ist jedoch nicht der Fall. Zunächst rekonstruiert er die Ausgestaltung der Gerechtigkeit durch moderne Rechtssysteme selbst und wird weiterzuführen sein, wenn sich diese Systeme weiterentwickeln. Ferner verlangt es der Begriff der menschlichen Würde, den Menschen nicht zum bloßen Objekt der Verleihung von Rechten und Pflichten zu machen82. Es wäre paternalistisch – und zwar nicht in irgendeiner zweifelhaften „weichen“ Bedeutung83, sondern hart paternalistisch –, wenn einer Person, die handlungsfähig ist, Verpflichtungen auferlegt und Rechte gewährt würden, ohne sie an der Entscheidung über diese Normen partizipieren zu lassen. Der Grund dafür ist, dass Paternalismus das Handeln einer Person zugunsten einer anderen gegen ihren Willen ist. Wenn eine Person ein Subjekt von Rechten und Pflichten werden soll, dann muss sie einen aktiven Part in der Interpretation und Begründung derselben haben. Dieser aktive Status umfasst demokratische Teilhabe-, sonstige politische Partizipations-, Verfahrens- und gerichtliche Teilhaberechte84.

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