Читать книгу DIVI Jahrbuch 2021/2022 - Группа авторов - Страница 98
8.5 Krisenkommunikation 8.5.1 Medien- und Öffentlichkeitsarbeit
ОглавлениеKrisenhafte Ereignisse sind für die Presse und Öffentlichkeit stets von großem Interesse. Plötzlich stehen die Klinik und ihre Bereiche wie Intensivstation oder OP im Fokus der Medien und werden möglicherweise zu einer wichtigen Nachricht des Tages. In solchen Fällen sind Krankenhäuser oft mit einer Art Belagerungszustand der Medien konfrontiert, der sie in ihrer Arbeit behindert und auf den sie häufig nicht eingestellt sind. Gleichzeitig hat keine ärztliche Leitungskraft in solchen Momenten Zeit, adäquat und gut vorbereitet vor die Presse zu treten. Und eine unbedachte Äußerung schadet nicht nur der eigenen Reputation und der der Intensivstation, sondern kann sehr schnell das gesamte Haus in Verruf bringen. Daher gelten für die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit bei allen krisenhaften Ereignissen folgende Grundregeln:
Einen Beauftragten bestimmen (z.B. Leiter der Presseabteilung, Geschäftsführer, Leiter oder Chefarzt der Intensivstation), der die externe Kommunikation übernimmt.
Offen und mit einer Stimme kommunizieren.
Keine übereilten oder spontanen Aussagen machen.
Sich Zeit verschaffen und Informationen zusammentragen.
Viele Kliniken und Krankenhäuser vernachlässigen noch immer den regelmäßigen und vertrauensvollen Kontakt zu den Medien in ihrer Region, der völlig losgelöst von Krisensituationen besteht. Sie verpassen damit nicht nur eine wichtige Chance, durch regelmäßige und gezielte Öffentlichkeitsarbeit für ein positives Image ihrer Klinik zu sorgen, sondern verschenken auch die Möglichkeit, eine mittel- und langfristige Vertrauensbeziehung zu Medienvertretern aufzubauen. Doch genau die ist im Krisenfall besonders wichtig. Kliniken, die nur dann an die Öffentlichkeit treten, wenn eine Krise offenkundig wird, weil z.B. die Staatsanwaltschaft bereits die Presse informiert hat, gelingt es oft nicht, das nötige Vertrauen aufzubauen. Sie geraten leicht in einen Sog von Negativ-Berichterstattungen oder wecken den Eindruck, etwas zu vertuschen. Beides ist für das Image der Klinik desaströs. Zudem führt es dazu, dass Medienvertreter weiter nachbohren und die Klinik immer wieder mit neuen Schlagzeilen in die Presse gerät. Der Sachverhalt erhält so eine unerwünschte Dramatik, die völlig falsche Signale sendet.
Grundsätzlich gilt es in einem Krisenfall auf der Intensivstation, alle vorhandenen und recherchierbaren Informationen zu bündeln und proaktiv von einem Kliniksprecher verkünden zu lassen. Wirkungsvolle Krisenkommunikation hat das Ziel, dass Medienvertreter keine Interpretationsspielräume haben, sondern sachlich und zugleich richtig über die Vorfälle berichten. Es ist Aufgabe der Klinik, dafür zu sorgen, dass das gelingt.
Beispiel: Massenanfall von Verletzten (MANV)
Aufgrund eines Terroranschlags muss eine große Anzahl Menschen mit Explosions- und Schussverletzungen intensivmedizinisch behandelt werden. Um die Patienten schnell versorgen zu können, strukturiert das Krankenhaus seine Standardabläufe so um, wie es der Status „Massenanfall von Verletzten“ vorsieht. Nicht dringliche oder nicht schwerkranke Patienten werden kurzfristig entlassen, einige Stationen werden geschlossen, Pflegekräfte und nichtmedizinisches Personal werden zur Unterstützung herangezogen. In einer solch turbulenten Situation, in der einheitliche Behandlungsempfehlungen im Sinne von Standards oder Leitlinien für die innerklinische Versorgung von Schuss- und Explosionsverletzungen fehlen (vgl. 2), tauchen meist die ersten Reporter und Kamerateams auf. Sie suchen nach Antworten auf ihre Fragen (Wie viele Verletzte wurden eingeliefert? Wie geht es den Patienten? Sind Tote zu beklagen?) und nach aussagekräftigem Bildmaterial. Um im Ernstfall souverän agieren zu können, ist es wichtig, in den Ablaufplänen zur Vorbereitung auf einen MANV-Fall spezielle Sicherheitsmaßnahmen für Presseübergriffe zu verankern. Für den Fall, dass die Klinik über eine Pressestelle verfügt, ist sie in die MANV-Pläne einzubeziehen. Alle Mitarbeiter werden darüber informiert, dass sie keine Auskünfte oder gar Interviews geben.