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3.6 Ausblick: Sportpädagogik – Grenzen und Herausforderungen
ОглавлениеWo liegen die Grenzen der Sportpädagogik? Welche Herausforderungen ergeben sich für die Sportpädagogik als Wissenschaftsdisziplin? Kennzeichen der Sportpädagogik ist es, sich mit der pädagogischen Handlungspraxis in verschiedenen sportlichen Settings wie auch – als Wissenschaft – mit der normativen Grundlegung, Erforschung und Reflexion dieses Handelns zu beschäftigen (Krüger, 2019, S. 20; König, 2020, S. 70–72). Vor diesem Hintergrund lassen sich abschließend einige Grenzen und Herausforderungen aufzeigen, die das Selbstverständnis der Sportpädagogik im Blick auf ihr Verhältnis zur sportlichen Handlungspraxis einerseits und auf die wissenschaftliche Profilierung als Teilgebiet der Sportwissenschaft andererseits betreffen.
Wenn sich Sportpädagogik auch als Beratungswissenschaft für die sportliche Praxis versteht, ist ihre Leistung auch danach zu beurteilen, inwieweit es bislang gelungen ist, diese anspruchsvolle Aufgabe zu erfüllen (Prohl, 2010, S. 355). Blickt man in diesem Zusammenhang z. B. auf Transferleistungen der Sportpädagogik für die Schulsportpraxis, ist das Ergebnis eher ernüchternd. So hält Stibbe (2017) für die Entwicklung und Implementation von Lehrplänen fest, dass die Sportpädagogik nur selten von den dafür zuständigen Ministerien als wissenschaftliche Beratungsinstanz für curriculare Fragen herangezogen wird. Lehrplanevaluationen und wissenschaftlich fundierte Strategien zur Lehrplanentwicklung erfolgen offenbar nur in wenigen Ländern (ebd., S. 23). Ähnliches gilt auch für den Bereich des Leistungssports: Obgleich sportpädagogische Inhalte inzwischen in der Übungsleiter- und Trainerausbildung angekommen sind, bleibt zu resümieren, dass Forschungserkenntnisse und Empfehlungen meist nur dann aufgenommen werden, wenn sie »für das Erringen von Siegen« im Leistungssport hilfreich erscheinen (König, 2020, S. 72). Eine »Pädagogik des Leistungssports« (Prohl & Lange, 2004) und kritische(re-)empirische Befunde zur Nachwuchsförderung (Creutzburg & Scheid, 2014; Pallesen, 2014) erweisen sich für die Praxis wohl eher als irritierend. Allgemein bleibt es eine wesentliche Aufgabe der Sportpädagogik, sich für eine Sportentwicklung in pädagogischer Absicht einzusetzen, zumal »das humane Interesse zunehmend von sportiven, medialen und ökonomischen Interessen überlagert wird« (Balz & Kuhlmann, 2003, S. 42).
Angesichts des demographischen Wandels und daraus resultierender Implikationen für die Ausdifferenzierung der Bewegungs- und Sportkultur erweist sich die bisherige Fokussierung sportpädagogischer Forschung auf traditionelle Bereiche des Schul- und Vereinssports als revisionsbedürftig (Thiele, 2018, S. 10; ähnlich Balz & Kuhlmann, 2003, S. 43). Thiele setzt sich daher für eine »Öffnung« der Sportpädagogik ein, in der auch aktuelle Themen wie E-Sport oder Bewegungsaktivitäten im Alter behandelt werden (ebd., S. 9–10).
Trotz des hier vorgetragenen Plädoyers für eine Sportpädagogik, die sich mit Bildungs- und Erziehungsfragen beschäftigt und dabei problemgeschichtliche, theoretisch-systematische und empirisch-analytische Zugänge (sowie entsprechende reflexive Verknüpfungen) verfolgt, ist zu vermuten, dass sich der nationale und internationale Trend zur rein empirisch orientierten Bildungsforschung zunächst weiter fortsetzen wird. Dabei ist positiv zu vermerken, dass sich die Forschungsverfahren in der Sportpädagogik in Bezug auf komplexe Mixed-Methods-Designs und interpretativ-rekonstruktive Ansätze vermutlich weiter ausdifferenzieren werden. Vor allem aber sollten die Anschlüsse der deutschsprachigen Sportpädagogik an die internationale Forschung deutlich ausgebaut werden.
Sofern es der Sportpädagogik in Zukunft gelingt, sich im Rahmen der Möglichkeiten für weitere Themen, Altersgruppen und Settings zu öffnen, das Forschungsprofil weiter zu schärfen, Anschlüsse an die internationale Diskussion herzustellen und die Bedeutung sportpädagogischer Erkenntnisse für die Sportpraxis im Sinne einer gesellschaftlich notwendigen Sportentwicklung aufzuzeigen, bestehen gute Chancen, auch die Reputation als Teildisziplin innerhalb der Sportwissenschaft zu erhöhen.