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2. Kommunikation in InstitutionenInstitution und OrganisationenOrganisation

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Linguistische Forschung zu Kommunikation in InstitutionenInstitution und OrganisationenOrganisation sollte mindestens folgende Interaktionseinflüsse analytisch und konzeptionell einbeziehen:

 die Rahmenbedingungen der Interaktion (u.a. bestehende Strukturen und Hierarchien, Machtverteilungen, die OrganisationOrganisation von Arbeitsabläufen sowie juristische, räumliche und institutionsspezifische Möglichkeiten und Grenzen der Interaktion) – Kontextsensitivität

 verwendete (und ggf. alternative) Kommunikationsformen (inkl. MedienMedien und Kommunikationskanäle) – Medien- und Kommunikationsformensensitivität

 kommunikative Gattungen und kleinere Formen bei mündlichen sowie Textsorten bei schriftlichen Kommunikationsformen – Mustersensitivität

Unabhängig davon, ob das vornehmliche Untersuchungsziel faktische Beschreibung, Kriterienbildung und EvaluationEvaluation oder Vermittlung ist, kann die Erforschung nicht in angemessener Weise ohne Reflexion der o.a. Einflüsse erfolgen. Dies hat seinerseits Einfluss auf die Forschungsmethodik. So sind authentische Interaktionen in natürlichen Situationen unabdingbar, die für umfassende (kommunikationsfokussierte) Auswertungen konserviert und möglichst interpretationsarm aufbereitet werden müssen. Für Gespräche heißt das, dass unabhängig von der Forschung stattfindende Gespräche möglichst wenig situationsverzerrend aufgezeichnet, für die anvisierten Zwecke hinreichend genau transkribiert (also verschriftlicht) und möglichst alle situations- und kontextrelevanten Aspekte erfasst werden sollten. Letzteres macht eine wenigstens zeitweise und stichprobenhafte Teilnahme der Forscherinnen und Forscher an den zu untersuchenden Interaktionssituationen erforderlich (teilnehmende BeobachtungBeobachtungteilnehmende), so dass diese möglichst alle Rahmenbedingungen erfassen können. Des Weiteren muss ein (idealiter regelmäßiger) Austausch mit den Aufgenommenen und weiteren Personen unterschiedlicher Hierarchiestufen und Organisationseinheiten erfolgen, um deren (Arbeitsalltags-)Expertise zu nutzen und damit unvermeidbare blinde Flecken zu entdecken und so gut wie möglich zu bearbeiten (vgl. Deppermann 2013). Außerdem können so auch fachliche (und weitere) Wissenslücken geschlossen und Probleme aus Sicht der Akteure eruiert werden.

Ein großer Vorteil dieses Vorgehens ist die präzise Erfassung der tatsächlichen Ereignisse, ohne dass diese durch Gedächtnisprotokolle der Forscherinnen und Forscher und/oder durch vage Erinnerungen einzelner Akteure rekonstruiert werden müssen. So können zu mündlichen Kommunikationen auch kleinste Formulierungs- und weitere Gesprächspartikel erfasst und deren interaktionale Auswirkungen sowie interaktionale Bedeutungsaushandlungen untersucht werden (siehe z.B. Deppermann 2015). Dies erfolgt, indem die Interaktionen sequenzanalytisch, also schrittweise (‚Turn‘ für ‚Turn‘), einer detaillierten Betrachtung unterzogen und vorläufige Ergebnisse durch nachfolgende Gesprächsbeiträge der Akteure sowie durch die Gesamteinbettung (ins Gespräch und des Weiteren bestimmt durch die o.a. Interaktionseinflüsse) überprüft werden.

Neben der Sequenzialität und der Einbettung in spezifische institutionelle und organisationale Kontexte spielen in kommunikationsgeprägten beruflichen Zusammenhängen MedienMedien eine entscheidende Rolle, indem sie zum einen als massenmediale InstitutionenInstitution Öffentlichkeit und Teilöffentlichkeiten herstellen, in denen OrganisationenOrganisation wie Betriebe, Unternehmen, Parteien und Vereine mit ihren Kundinnen und Kunden, Wählerinnen und Wählern oder Mitgliedern in Austausch treten. Zum anderen nehmen Medien als kommunikationsunterstützende TechnologienMedientechnologie nicht nur auf die äußeren Bedingungen der mit ihnen möglichen Kommunikationsprozesse Einfluss (mediale Affordanz, vgl. Zillien 2009), sondern auch auf die interaktionsstrukturellen und sprachlichen Mittel sowie die Gepflogenheiten, die für einen bestimmten medial unterstützten Kommunikationsanlass als angemessen beurteilt werden. In der innerbetrieblichen KommunikationKommunikationinnerbetriebliche beispielsweise müssen sich Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in elektronischen Kommunikationssystemen wie Intranetzen, Videokonferenzen und E-Mail-Verkehr bewegen (vgl. Kleinberger 2013). Für die externe UnternehmenskommunikationUnternehmenskommunikation sind mediengesellschaftliche Entwicklungen wie die Nutzung sozialer Netzwerke, die neue Formen der Kundenkommunikation, -rezeption und -partizipation ermöglichen, zunehmend wichtig (vgl. Ettl-Huber et al. 2013). Durch den Einsatz von und den Umgang mit Medien(technologien) verändern sich auch die Anforderungen an die kommunikativen Kompetenzenkommunikative Kompetenz von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Bei der Erforschung der Rolle der medialen InfrastrukturenMedieninfrastrukturen und der damit verbundenen sprachlichen Merkmale für betriebliche Prozesse und somit auch für berufliche Kompetenzanforderungen hat die Angewandte SprachwissenschaftSprachwissenschaftAngewandte deutliche Überschneidungsbereiche mit der Medienlinguistik, den Kultur- und den Kommunikationswissenschaften (vgl. z.B. Androutsopoulos 2014). In gesellschaftlichen InstitutionenInstitution wie der Wirtschaft, der Politik, der Wissenschaft und in den Medieninstitutionen selbst beinhaltet der kompetente Umgang mit Kommunikationstechnologien und -medien die sprachlichen und kommunikativen Fähigkeiten, die diese Medien erfordern. Besonders offensichtlich wird die Relevanz medienbezogener sprachlicher Kompetenzen in journalistischen Berufsfeldern. Für angehende Journalistinnen und Journalisten sowie Redakteurinnen und Redakteure sind beispielsweise neue Formen des multimedialen Schreibens und Publizierens wie das Public Storytelling wichtige Ausbildungsinhalte, die von Sprachwissenschaftlerinnen und Sprachwissenschaftlern erforscht, beschrieben und entwickelt werden (vgl. Perrin et al. 2009).

Sprache und Kommunikation in InstitutionenInstitution und OrganisationenOrganisation sind schließlich durch ihre Musterhaftigkeit geprägt, die sich sowohl in rekurrenten funktionalstilistischen Eigenschaften des (Fach-)Sprachgebrauchs als auch in spezifischen Textsorten und Handlungsmustern niederschlägt. Wie die Studie von Efing (2010) zeigt, ist der im engeren Sinn fachsprachliche Bedarf in der Ausbildung eher gering. Von größerer Relevanz ist hingegen die BerufsspracheBerufssprache, die Efing (2014:429f.) definiert als „eigenständiges, berufs(feld)übergreifendes Register auf einem Kontinuum zwischen Allgemein- und FachspracheFachsprache“, das gekennzeichnet ist

durch ein Set typischer berufsbezogener Sprachhandlungen (ANLEITEN/INSTRUIEREN, ERKLÄREN, DEFINIEREN …), Textsorten (Bericht …) und Darstellungsformen (Tabellen, Formulare …), die für zahlreiche Berufstätigkeiten als charakteristisch gelten können.

Diese Beobachtung deckt sich mit den Ergebnissen von Studien zur mündlichen FachkommunikationFachkommunikation, die sich weniger auf die in der gesprochenen Fachkommunikation tatsächlich sehr reduzierten fachstilistischen Merkmale konzentrieren (Brünner 1993:751) und sich stattdessen etwa mit kommunikativen Gattungen und Formen (Müller 2006) bzw. typischen Handlungsschemata am Arbeitsplatz beschäftigen, wie sie beispielsweise in Besprechungen vorkommen. Fachlexikalische und fachstilistische Eigenschaften sind in der mündlichen Kommunikation am Arbeitsplatz allerdings keineswegs unwichtig, sie erfüllen mitunter nur andere Funktionen als eine rein referentielle und dienen im Gespräch unter anderem der Rollenkonstitution (Experten, Fachleute), dem Ausdruck von Gruppenzugehörigkeit und zum Anzeigen spezifischer Orientierungsrahmen (vgl. Thörle 2005:227f.).

Sprache und Kommunikation in der beruflichen Aus- und Weiterbildung

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