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4. Funktion von Textsorten in Organisationen und ihrer Umwelt

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Textsorten erfüllen ihre Aufgaben im Rahmen sozialer Systeme, da sie eine systemerhaltende Funktion haben und Leistungen für andere Systeme erbringen. Es geht dabei um die Leistungen von Textsorten in übergeordneten sozialen Handlungen für ein System und dessen Interaktion mit anderen Systemen der Gesellschaft. Aus systemtheoretischer Perspektive handelt es sich bei Kommunikation auf der Mikroebene um einen wechselseitigen Konstruktionsprozess bestehend aus der Synthese von drei kontingenten Selektionen: Information, Mitteilung und Verstehen (Luhmann 1984:203). Texte werden als Mitteilungen im Textproduktionsprozess erzeugt und stehen für Verstehensprozesse zur Verfügung. Sie provozieren weitere Vertextungen, fixieren Sinn und sichern die Anschlussfähigkeit der Kommunikation. Textsorten erzeugen strukturelle Kopplungen zwischen Systemen (Neumann 2011, Christoph 2009). Als strukturelle Kopplungen werden in der Systemtheorie medial vermittelte Beziehungen zwischen autopoietischen Systemen gesehen. Derartige Beziehungen liegen vor, „wenn ein System bestimmte Eigenschaften seiner Umwelt dauerhaft voraussetzt und sich strukturell darauf verlässt“ (Luhmann 1993:441). Diese festen, dauerhaften Kopplungen sind über standardisierte Textsortenexemplare beständig reproduzierbar. Textsorten ermöglichen wie Programme Handlungen überindividuell, machen sie wiederholbar. In dieser Weise prägen Textsorten erwartbare Kommunikationsprozesse. Mit ihren Eigenschaften der Erlernbarkeit und Wiederholbarkeit erleichtern sie das Kommunizieren, übernehmen für Systeme bestimmte Leistungen und stützen strukturelle Kopplungen operativ (Holtfreter 2011:342). Zu differenzieren sind dabei drei Varianten:

1 Kerntextsorten sind die für ein soziales System konstitutiven Textsorten.

2 Textsorten der konventionalisierten, institutionell geregelten Anschlusskommunikation sind Textsorten, die die Reaktion auf das Kommunikationsangebot des eigenen Systems bedeuten und diese erfordern (Beziehungen zwischen Subsystemen) (Gansel 2011:55).

3 Textsorten der strukturellen Kopplung dienen der Sicherung fester Beziehungen zwischen Systemen (Gansel & Jürgens 2007:78).

Eine Textsorte wie die Pressemitteilung zum Beispiel kann demnach als eine Textsorte der strukturellen Kopplung bezeichnet werden: Sie stützt die feste strukturelle Kopplung der Systeme Unternehmen und Massenmedien operativ und kann im Rahmen eines wechselseitigen Prozesses der SelbstirritationSelbstirritation der Systeme beschrieben werden. Diese operieren nach ihrem eigenen Code und stellen somit systemintern die Distanz zwischen System und Umwelt sicher. Luhmann illustriert das am Beispiel der Werbung:

„Im Bereich der Werbung ist also die Wirtschaft ebenso auf das System der Massenmedien angewiesen wie dieses auf sie; und es läßt sich, wie typisch für Fälle struktureller Kopplungen, keine sachlogische Asymmetrie, keine Hierarchie feststellen.“ (Luhmann 2004: 122) Konkret wird das System Wirtschaft irritiert, weil finanzielle Ausgaben für Marketing nicht immer und automatisch zum Erfolg führen. Eine Strategie zur Bewältigung der Irritation liegt darin, die Werbebotschaften stärker den redaktionellen Inhalten der Medien anzupassen. Die Irritation auf Seiten der Massenmedien wiederum liegt in den untypisierbaren Reizen aus der Wirtschaft in Form von werblich durchsetzten Texten oder Angeboten. Die Massenmedien können sie nicht in der werbetypischen Form verarbeiten, sondern selektieren nach ihrem systemeigenen Code und überarbeiten im Fall einer Veröffentlichung (Neumann 2011: 351).

Sprache und Kommunikation in der beruflichen Aus- und Weiterbildung

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