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2. Sprachliche Kompetenzen von Schulabgängern im Spiegel von Unternehmensbefragungen

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Dass die sprachlichen Kompetenzen sowohl von Auszubildenden als auch von erwerbstätigen Erwachsenen teilweise erhebliche Schwächen aufweisen, ist kein vereinzelter Befund (Ehrenthal et al. 2005, Klein & Schöpper-Grabe 2009, 2012a, 2012b). Bereits seit mehr als zwanzig Jahren sind diese Ergebnisse sowohl durch Unternehmensbefragungen als auch durch empirische Überprüfungen der vorhandenen Kompetenzen oder durch Einstellungstests von Unternehmen dokumentiert. Schon Mitte der 1990er Jahre unterstrich eine bundesweite Unternehmensbefragung des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln 1997), dass rund jede vierte Lehrstellenbewerberin und jeder vierte Lehrstellenbewerber für eine Ausbildung nicht oder nur bedingt geeignet ist. Etwa zehn Jahre später belegte der Expertenmonitor des Bundesinstituts für Berufsbildung (Ehrenthal et al. 2005), dass die Rechtschreibung (87 %) und schriftliche Ausdrucksfähigkeit (85 %) die Liste der festgestellten Mängel von Schulabsolventen anführen.

Auch in der Ende 2010 vom IW Köln (Klein & Schöpper-Grabe 2012a:48) durchgeführten repräsentativen Online-Unternehmensbefragung werden bei der Frage nach den GrundbildungsdefizitenGrundbildungsdefizite von Ausbildungsbewerberinnen und Ausbildungsbewerbern am häufigsten die Rechtschreibung und Zeichensetzung (93 %) sowie die schriftliche Ausdrucksfähigkeit (91 %) genannt. Danach folgen zum Beispiel Defizite in der Dreisatz- und Prozentrechnung (78 %) oder in den Sozial- und Selbstkompetenzen (74 %). Nach wie vor sind Lesen und Schreiben – trotz und auch gerade wegen der neuen Technologien – in der Berufsausbildung unverzichtbar. Zwar sind die Anforderungen an das für die berufliche Ausbildung erforderliche Sprachniveau durchaus unterschiedlich, zum Beispiel im Vergleich von gewerblich-technischen Auszubildenden und kaufmännischen Auszubildenden, aber ohne ausreichende schriftsprachliche Kompetenzen ist eine Berufsausübung kaum möglich. In einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages gaben etwas mehr als die Hälfte der Unternehmen an, dass sie Defizite in Deutsch bei den Auszubildenden festgestellt haben – gefolgt von 44 % der Unternehmen, die Schwächen der Ausbildungsplatzbewerberinnen und Ausbildungsplatzbewerber in Mathematik konstatierten (DIHK 2015:20).

Obwohl in Deutschland eine mindestens neunjährige Schulpflicht in einem hoch entwickelten Schulsystem besteht, verlassen nach wie vor jährlich zu viele junge Menschen die Schule ohne ausreichende Kompetenzen im Lesen, Schreiben und Rechnen. Nach der internationalen PISA-Studie traf dies 2012 auf jeden siebten Schüler und jede siebte Schülerin zu (OECD 2014). Die Defizite, die beim Übergang von der Schule in den Beruf vorhanden sind, beheben sich im Laufe der Erwerbstätigkeit nicht von allein, sondern bleiben dauerhaft, wenn keine nachholenden unterstützenden Maßnahmen ergriffen werden. So bieten nach der DIHK-Umfrage 36 % der Unternehmen bereits Nachhilfe zur Kompensation von Defiziten für schwächere Auszubildende an (DIHK 2015). Im Vergleich zum Vorjahr war dieser Anteil um fünf Prozentpunkte gestiegen. Allerdings ist es nicht die Aufgabe von Unternehmen, Literalitätsmängel der Auszubildenden zu beheben, sondern das Schulsystem hätte dies verhindern müssen.

Sprache und Kommunikation in der beruflichen Aus- und Weiterbildung

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