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6. Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung

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Strategisches Storytelling ist als Technik für die Außendarstellung von Organisationen ein omnipräsentes Thema. In der internen Kommunikation und der betrieblichen Weiterbildung lassen sich narrative Techniken ebenfalls nutzen, wenn es um die Unternehmenskultur, die Vermittlung von Leitbildern und Werten der Organisation oder um Veränderungsprozesse geht. Will man die Unternehmenskultur beeinflussen, muss man sie erst kennen. Letztlich geht es um die Bewusstmachung und sukzessive Veränderung geheimer Spielregeln, die einer professionellen Kommunikations- und Kooperationskultur entgegenlaufen oder sie fördern, um sie mit den offiziell gewünschten Leitbildern in Deckung zu bringen. Hier spielen Narrationen eine entscheidende Rolle, können sie doch sowohl Einblick in die geltenden Normen und Werte geben als auch zu einem Wandel eben jener beitragen. Dazu gehören beispielsweise sogenannte Springboard Storys, die beim Zuhören einen „mentalen Sprung“ im Verständnis für einen Veränderungsprozess im Unternehmen ermöglichen (Erlach & Thier 2005:153). Auch im Wissensmanagement und in Leaving Experts Debriefing-Prozessen, wenn erfahrene Mitarbeiter aus einem Unternehmen ausscheiden, kann mittels narrativer Verfahren eine Know-how-Sicherung unterstützt werden. Narration eignet sich in der Organisationskommunikation im Besonderen für interne Lern- und Veränderungsprozesse. In der innerbetrieblichen Aus- und Weiterbildung eignen sich Storytelling-Techniken, wenn es z.B. um Geschäftsfelderweiterungen, Fusionen, Cultural Change-Prozesse oder die Markteinführung neuer Produkte geht (Thier2006:5). Geschichten in Unternehmen verstärken die Bindung zu einem Unternehmen, fungieren als soziale Landkarte und Orientierungshilfe für neue Mitarbeiter und zeigen den sozialen Stand von Personen bzw. erhöhen ihn. Sie dienen einer Interpretation von Vergangenem und der Beschreibung der Zukunft mittels sinnstiftender und bedeutsamer Ereignisse. Insofern können sie bei allen Weiterbildungsprozessen, die in einem Zusammenhang mit Wissenserhalt und -weitergabe stehen, sowie bei Schnittstellen zu unternehmenskulturellen Themen strategisch nutzbar sein. Die Methode setzt auf die Einbeziehung der Mitarbeiter, indem „Erfahrungswissen von Mitarbeitern über einschneidende Ereignisse im Unternehmen wie z.B. ein Pilotprojekt oder eine Fusion aus unterschiedlichen Perspektiven der Beteiligten erfasst, ausgewertet und in Form einer gemeinsamen Erfahrungsgeschichte aufbereitet wird“ (Thier 2006:17). Mit ihrer Hilfe können Erfahrungen dokumentiert und für die gesamte Organisation übertragbar und nutzbar gemacht werden.

In dem Aufgabenspektrum der externen Kommunikatorinnen und Kommunikatoren von Organisationen ist Storytelling ein wichtiger Kommunikationsmodus, insbesondere wenn es um die mediale Kommunikation geht. Welche Anforderungen müssen dementsprechend in der beruflichen Aus- und Weiterbildung erfüllt werden, um den Ansprüchen der Organisationen gerecht zu werden? Zunächst ist festzuhalten, dass der Zugang zum Berufsfeld der Organisationskommunikation sehr heterogen ist. Das Kommunikationsmanagement ist geprägt durch die kontinuierliche Weiterentwicklung und Ausdifferenzierung der Medien- und Informationsgesellschaft, wodurch auch das Berufsfeld stark expandiert ist. Kennzeichnend ist die unterschiedliche disziplinäre Herkunft und berufliche Identität vieler Kommunikatorinnen und Kommunikatoren (Zerfaß & Dühring 2014:164). Nahezu 42 Prozent der Kommunikatorinnen und Kommunikatoren in Unternehmen und Organisationen haben ein geistes- und sozialwissenschaftliches Studium ohne publizistische Ausrichtung absolviert (Bentele et al. 2015:45). Der Anteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit publizistischem Hintergrund in der Hochschulausbildung ist jedoch in den vergangenen Jahren auf etwa 32 Prozent im Jahr 2015 gestiegen (Bentele et al. 2015:45). Bis Anfang des 21. Jahrhunderts wurden Fragen der Organisationskommunikation im deutschsprachigen Raum nur in Vertiefungsfächern in kommunikationswissenschaftlichen Studiengängen (Public Relations) und in der Betriebswirtschaftslehre (Marketingkommunikation) vermittelt. Üblich waren berufspraktische Zusatzqualifikationen für den Berufseinstieg von Absolventinnen und Absolventen oder für berufstätige Quereinsteiger. Die fortgeschrittene Professionalisierung von spezialisierten Studiengängen der Organisationskommunikation an Universitäten und Fachhochschulen trägt jedoch dazu bei, dass insbesondere auch die Textsorten-Kompetenz eine größere Relevanz innerhalb der akademischen Ausbildung für die Organisationskommunikation erhält. Wenn in der Praxis in Organisationen neben den deskriptiven und argumentativen Kommunikationsmodi zudem narrative Strategien gefordert werden, müssen die Curricula diesen Umstand stärker berücksichtigen, wenngleich Public Relations überwiegend als strategische Managementfunktion verstanden werden, was sich in der beruflichen Qualifikation in Studium und Weiterbildung widerspiegelt. Eine sprachwissenschaftliche Beschäftigung mit Kommunikation im Allgemeinen bzw. Textsorten im Speziellen bieten das benötigte Rüstzeug für die unterschiedlichen Anforderungen in Organisationen in Bezug auf die sprachliche Kompetenz. Kommt sie in der akademischen Ausbildung nicht vor, sind betriebliche Weiterbildungen zu diesem Thema ein alternativer Weg, der in der Praxis zu einem breiten Angebot von Weiterbildungsmaßnahmen führt. Da es bei der Technik des Storytellings jedoch nicht ausschließlich um die narrative Aufbereitung von Fakten geht, sondern um die strategische Vermittlung von Werten und Botschaften, spielt auch die konzeptionelle und strategische Kompetenz eine große Rolle für eine erfolgreiche Umsetzung in der Kommunikation der Organisation. In der internen und externen Organisationskommunikation gilt es bestimmte, festgelegte Kommunikationsbotschaften einem heterogenen Kreis von Anspruchsgruppen zu vermitteln. Diese Kommunikationsbotschaften basieren auf der organisationalen Basisgeschichte, die es zu ermitteln gilt. Dies erfordert analytisches und strategisches Know-how, welches die textliche Kompetenz abrunden muss.

Sprache und Kommunikation in der beruflichen Aus- und Weiterbildung

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