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Die Entwicklung der Kindergärten

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Obwohl die meisten Kinder nicht die Minderheitensprache als Muttersprache haben, kommen sie bereits mit Deutschkenntnissen in die Schule. Diese werden typischerweise ab einem Alter von drei Jahren in den Kindergärten der Minderheit erworben, in denen sowohl Deutsch als auch der dänische Dialekt gesprochen werden. Die Lehrerinnen und Lehrer sprechen Deutsch im Zusammenhang mit Aktivitäten wie Singen, Spielen und Essen, ebenso wie im Dialog mit Kindern, die Deutsch als Muttersprache haben oder seit etwa einem Jahr im Kindergarten sind. Dagegen sprechen sie mit den jüngsten, dialektsprechenden Kindern Sønderjysk. Beim Verlassen des Kindergartens im Alter von sechs Jahren haben die Kinder Deutsch als Minderheiten-Zweitsprache erworben. Im Jahr 2016 hatte der DSSV 20 Kindergärten mit 635 Kindern.

Im Jahr 2004 wurde das Recht der deutschen Minderheit auf eigene Kindergärten von einem Bürgermeister in einer Kleinstadt in Nordschleswig in Frage gestellt. Er schlug vor, den dänischen und den deutschen Kindergarten zusammenzulegen, da ohnehin alle Kinder zu Hause Dänisch sprächen. Die Minderheit lehnte dieses Ansinnen mit Verweis auf die Kopenhagener Erklärung ab und stellte fest, dass die Bildung ein entscheidender Faktor für die Aufrechterhaltung der deutschen Sprache sei. Im selben Jahr lud ein deutscher Minderheitenkindergarten in einer anderen Stadt die Kinder der Mehrheit ein, in den Kindergarten der Minderheit zu gehen, um eine Zweisprachigkeit in Dänisch und Deutsch zu erwerben. Diese beiden Fälle zeigen, dass die Minderheit einerseits ihre Integrität bewahren will, andererseits aber auch offen für die Mehrheit ist und bereit ist, die Vorteile der Zweisprachigkeit zu teilen. Und es signalisiert, dass Zweisprachigkeit ein erklärtes Ziel der Minderheit ist. Dieses Ziel dürfte ein Grund dafür sein, warum auch dänische Eltern sich für deutsche Kindergärten entscheiden und die Zahl der Kinder steigt.

Ein charakteristischer Trend ist die Offenheit der Bildungseinrichtungen der Minderheit (Kindergarten, Schule, Gymnasium und Nachschule) gegenüber der dänischen Mehrheit. Die Tatsache, dass auch die Eltern der Mehrheit ihre Kinder in die Institutionen der Minderheit schicken, zeigt, dass eine Denationalisierung stattfindet und dass Zweisprachigkeit und der Anschluss an zwei Kulturen für viele Eltern attraktiv sind. Andererseits ist der Rückgang der nationalen Zugehörigkeit auch auf Eltern zurückzuführen, die selbst in die Schulen der deutschen Minderheit gegangen sind. Einige von ihnen wählen eine Mehrheitsschule für ihre Kinder, um sich in die Mehrheitsgesellschaft zu integrieren, obwohl eine Minderheitenschule in der Nähe wäre. Früher hätten die Großeltern gegen diese Entscheidung protestiert, aber wie in einem Interview im Jahr 2012 gesagt wurde, treffen alle Eltern ihre autonomen Entscheidungen (Pedersen 1983–2013). Ein weiteres Beispiel für diese Denationalisierung ist, dass ein Leiter einer dänischen Minderheiteneinrichtung in Schleswig-Holstein 2017 Leiter eines deutschen Minderheitenkindergartens in Nordschleswig wurde. Traditionell standen die Minderheiten beiderseits der Grenze in diametralem Widerspruch zueinander; heute kooperieren sie in Bildung, Politik und finanziellen Angelegenheiten.

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