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2.4 Methoden der Diskurslinguistik

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Wie kann man nun dem komplexen Gegenstand DISKURS methodisch gerecht werden? Ebenso wie zum Zweck der Analyse von Sätzen und Texten gibt es auch für die Untersuchung von Diskursen unterschiedliche Verfahren mit jeweils differenten wissenschaftlichen Perspektiven. Da man die Komplexität eines Diskurses allein linguistisch kaum fassen kann, wird man sich bei sprachwissenschaftlichem Interesse immer auf Teilgegenstände von Diskursen konzentrieren. Jedoch kann dafür eine bloße Sammlung unterschiedlichster diskurslinguistischer Möglichkeiten kaum befriedigen. Gerade weil der Diskurs ein verwirrend komplexer Gegenstand ist, spricht wenig für eine Individualisierung von Forschungsperspektiven.

Notwendig ist eine systematische Methodik, auf deren Grundlage Entscheidungen für spezifische Fragestellungen möglich sind. Erforderlich ist die Einhaltung der wissenschaftlichen Grundprinzipien Validität und Reliabilität (vgl. Busch 2007). Unter Validität versteht man die Gültigkeit einer Analyse aufgrund ihres argumentativen Gewichts, unter Reliabilität die formale Genauigkeit einer Untersuchung. Bevor ich ein diskurslinguistisches Methodensystem vorstelle, das sowohl Validität als auch Reliabilität sichert, ist es sinnvoll, Foucaults methodische Prinzipien selbst kennenzulernen. Wenngleich sehr abstrakt, machen diese deutlich, was die Diskurslinguistik nach Foucault von einer einfachen Erweiterung der Textlinguistik unterscheidet. Foucault (1974) nennt vier methodische Prinzipien der Diskursanalyse:

1 UMKEHRUNG als Frage nach den Bedingungen, unter denen eine Aussage zustande kommt. Während sprachliche Äußerungen herkömmlich als intendierte Produkte von Sprechern oder Schreibern angesehen werden, versteht Foucault die Aussagen nicht als Ergebnis von individuellen Absichten. Aussagen werden nicht vor dem Hintergrund ihrer Bindung an Subjekte analysiert – sie werden nicht als Schöpfung verstanden, sondern als Ereignis in einem Feld von Diskursbedingungen.

2 DISKONTINUITÄT als Frage nach den Brüchen in Diskursen. Foucault lehnt die Annahme kontinuierlicher Entwicklungen des Sprechens über die Welt ab. Sprache ist demnach keine evolutionäre Einheit, sondern ein System von SerienSerie. Aussagen werden in ihren Widersprüchen zueinander in den Blick genommen.

3 SPEZIFITÄT als Absage an die Annahme von konstantem Sinn jenseits diskursiver Aushandlung. Gegen die Vorstellung ursprünglichen Sinns stellt Foucault das Prinzip der Regelhaftigkeit von Diskursstrukturen.

4 ÄUSSERLICHKEIT als Frage nach den Möglichkeitsbedingungen von Aussagen. Weil im Diskurs ausgehandelt wird, was überhaupt zu wissen ist, wird die Suche nach den Bedingungen von Aussagen relevant. Untersucht werden sprachliche Oberflächenstrukturen.

Diese Prinzipien sind in der Diskurslinguistik methodologischer Ausgangspunkt für ein Analysemodell, das die Mehrschichtigkeit von Diskursen erfasst. Warnke/Spitzmüller (2008b) sprechen von einer DISKURSLINGUISTISCHEN MEHR-EBENEN-ANALYSE, kurz DIMEAN.1 Mit DIMEANDIMEAN wird der Komplexität von Diskursen entsprochen, Unterspezifiziertheit von Ergebnissen vermieden und Übergeneriertheit von Analysen ausgeschlossen. Darüber hinaus erläutert DIMEAN das konkrete Vorgehen bei der linguistischen Untersuchung von Diskursen.

Empirische Analysen der Diskurslinguistik sollten sinnvollerweise einem Stufenmodell folgen. Vor jeder Beschäftigung mit Aussagen im Diskurs ist zu klären, mit welchem Textkorpus gearbeitet werden kann und sollte. Man wird in der Regel für das eigene Untersuchungsziel zunächst relevante Texte oder Textteile sammeln und diese Sammlung als Datenbasis, als Korpus einer Untersuchung definieren. Diesen ersten Schritt nennt man Korpusgenerierung. Auf der Basis der im Korpus gesammelten Sprachdaten erfolgt dann die Erstlektüre. Dabei werden alle Auffälligkeiten zunächst unsystematisch gesammelt, interessante Wörter, Bedeutungsdimensionen, Formulierungen, Aussagen, Textstrukturen usw. können erfasst werden. Dieses nicht-automatisierte Verfahren der Textanalyse bzw. diese Sammlung von Auffälligkeiten weist der muttersprachlichen Kompetenz hohe Bedeutung zu. Es ist sinnvoll, die Erstlektüre durch mindestens zwei Leser unabhängig voneinander durchführen zu lassen. Das Ergebnis der Erstlektüre ist nicht mehr und nicht weniger als eine Sammlung von sprachlichen Phänomenen. Diese Daten beziehen sich zunächst noch auf einen einzelnen, singulären Text bzw. eine Quelle.

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