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Heilige oder Hexe?

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Jeannes Taten waren unglaublich, aber für jeden damaligen Christen auch möglich, weil eben Gott der Herr der Welt war. Das Problem war nur, dass auch der Teufel die Macht hatte, Menschen zu verführen und zu Ungeheuerlichem anzustiften. Nicht allein im Verdammungsprozess von 1431 wurden diese Probleme ausgiebig diskutiert, sondern zeitgenössische Gelehrte überall in Europa versuchten, Plausibilität, Wahrheit und Lüge voneinander zu trennen.

Bezeichnend hierfür ist die Stellungnahme des Kölner Magisters Heinrich von Gorkum, wahrscheinlich im Juni 1429 verfasst, also während der militärischen Erfolge der Jungfrau zwischen Orléans und Reims. Gorkum erwähnt darin, dass „überall“ die Diskussion geführt werde, ob Jeanne eine Heilige oder Hexe sei. Sie habe zweifellos militärische Führungsqualitäten und sei im Umgang mit Waffen sehr geschickt. Aber all dies könne auch der Teufel bewirkt haben, weshalb Gorkum seines Urteils unsicher ist. Allerdings hält er fest, dass Jeannes Tragen von Männerkleidung ihr unmöglich von Gott befohlen worden sein könne.

Wenig später scheiterte Jeanne d’Arc – ob durch Verrat oder Überheblichkeit, sei hier dahingestellt. Sie wurde von einem kirchlichen Gericht, zusammengesetzt allein aus französischen Würdenträgern der Universität Paris, als Ketzerin verurteilt und dem „weltlichen Arm“ übergeben – das waren in diesem Fall die englischen Herrscher der Normandie, wo man sie gefangen gesetzt hatte – und alsbald lebendigen Leibes verbrannt (30. Mai 1431).

Die Verurteilung und Hinrichtung der Jungfrau waren ebenfalls ein Ereignis europäischer Dimension. Bereits eine Woche nach der Hinrichtung, am 8. Juni 1431, sandte der englische (und ja auch französische) König Heinrich VI. einen langen Brief an die Repräsentanten „aller christlichen Nationen“, nämlich an die europäischen Könige, Fürsten und geistlichen Würdenträger. Er habe mit der Verfolgung und Hinrichtung von Jeanne d’Arc ein gutes Werk für die ganze, von solchen Irrlehren gefährdete Christenheit vollbracht. Man werde auch alle am Prozess Beteiligten vor eventuellen Angriffen von Jeannes Anhängern schützen, „die sich unziemlicherweise bemühten oder bemühen wollten, aus Hass, Rache oder auf andere Weise die wahren Urteile unserer heiligen Mutter Kirche infrage zu stellen.“ 6

Tatsächlich sind Übersendungen dieses Schreibens an Kaiser Sigismund, die Könige von Kastilien, Aragon, Portugal, Navarra, Dänemark, Schottland und Polen, den Fürsten von Mailand, die Dogen von Venedig und die Stadt Genua bezeugt.7 Der Rechtfertigungsdruck scheint groß gewesen zu sein.

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