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Experte für Maschinen
ОглавлениеLeonardo ist also nicht nur der „Sohn der Erfahrung“, als den er sich ausgibt, sondern eben auch ein aufmerksamer Leser der Abhandlungen von Ingenieuren seiner Epoche. Genügt ein einziges Beispiel? Der Panzerwagen, den er zeichnet und den man für eine seiner militärischen Erfindungen hält, ist in Wirklichkeit von den Zeichnungen des Guido da Vigevano und denen des deutschen Ingenieurs Konrad Keyser inspiriert. Während seines ganzen Lebens blieb Leonardo diesem technischen Wissen und den Werkstattpraktiken, die den Ruhm der Renaissanceingenieure ausmachten, treu. Noch 1510, am Höhepunkt seines Ruhms, notiert er in einem seiner Hefte: „Erinnere dich an die Methode, mit der man die Kugel von Santa Mara del Fiore geschweißt hat.“ Diesbezüglich ist Leonardo der Erbe des empirischen Wissens des Mittelalters, das noch weit in die Neuzeit hinein übermittelt wird: von der Pirotechnia von Vannoccio Biringuccio (1540) bis zu den Diverse et artificiose machine von Agostino Ramelli (1588). Diese Maschinenbücher enthalten sowohl Beschreibungen existierender als auch Pläne für noch nicht konstruierte Maschinen, ohne dass es immer einfach ist, die einen von den anderen zu unterscheiden.
Die für seine technische Ausbildung entscheidenden Florentiner Jahre waren es auch in Bezug auf die Vermehrung seines Ruhms als Maler. Von den insgesamt 38 überlieferten (erhaltenen und verlorenen) Werken entstanden 14 während dieser Periode. Wenn allerdings der Ingenieur der Renaissance ein Fachmann für Maschinen ist, kann er seine Fähigkeiten nur an einem Fürstenhof voll entfalten. Als Leonardo 1482 Florenz für Mailand verließ, folgte er nur dem starken Zuwachs des kulturellen Austauschs von Mittel- nach Norditalien. Da sie ihre berühmtesten Künstler nicht zurückhalten konnten, haben die Medici eine bewusste Politik des Exports ihrer Talente ins Werk gesetzt; was ihre politischen Verbündeten, die Sforza, Herzöge von Mailand, angeht, haben sie viel Energie darauf verwendet, um an ihrem Hof die florentinische künstlerische Avantgarde willkommen zu heißen, aber auch, um zahlreiche Ingenieure zu rekrutieren, deren Fähigkeiten ihrer ehrgeizigen Territorialpolitik zugutekommen.