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Eine moderne Heldin

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Bereits seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts fand Jeanne d’Arc auch Eingang in das damals noch neue Medium Film. Zwischen 1898 und 1928 gab es bereits sechs Jeanne-Filme. 1928 entstand der Stummfilm Die Passion der Jungfrau von Orléans des dänischen Regisseurs Carl Theodor Dreyer, dessen komplette Version erst vor wenigen Jahren rekonstruiert worden ist. Diese Darstellung eines von den unerbittlichen und hassvollen Mächtigen und doktrinären Klerikern zu Tode gehetzten, schutzlosen, aber aufrechten und furchtlosen Individuums hat weltweit einen bleibenden Einfluss gehabt, noch stärker als Otto Premingers Saint Joan von 1957 (mit Jean Seberg) oder Victor Flemings Joan of Arc von 1948 (mit der allzu pathetisch leidenden und überrüsteten Ingrid Bergman). In den 1990er-Jahren ist noch einmal versucht worden, das Thema filmisch zu erneuern. Jacques Rivettes Jeanne la Pucelle (1994) brachte zwar eine einzigartig dichte Atmosphäre, etwa wie Jeanne mit ihren Vertrauten umgeht oder – eine gewagte Interpretation – wie sich die Heldin vom einfachen Bauernmädchen zu einer bisweilen recht hochmütigen Feldherrin entwickelt. Das Defizit dieser Interpretation aber liegt darin, dass mangels hinreichender Finanzmittel die notwendigen Massenszenen nicht adäquat in Szene gesetzt werden konnten. Letzteres hat der jüngste und sehr ernsthafte Versuch, das Thema zu gestalten, nämlich Luc Bessons Jeanne d’Arc von 1999, hervorragend geleistet. Aber auch dieser Film wird keinen Bestand haben, geht er doch allzu sorglos mit den historischen Quellen um. So erfindet Besson etwa ein schlechtes Gewissen Jeanne d’Arcs und macht aus ihrem Ankläger, dem Bischof Pierre Cauchon, einen ihr gegenüber recht liebevoll eingestellten Geistlichen. Von der bislang letzten Realisierung, Joan of Arc (1999), einer kanadischen Fernsehproduktion von Christian Dugay mit Leelee Sobieski in der Hauptrolle, ist nur bemerkenswert, dass es offensichtlich in Rumänien (wo der Film gedreht wurde) heute noch Landschaften, Straßen und Dörfer gibt, die aussehen wie zu Jeannes Zeiten.

Dieser knappe Abriss der Filmografie der Jungfrau von Orléans zeigt bereits, dass Jeanne d’Arc weit über das europäische Gedächtnis hinaus vor allem im 20. Jahrhundert eine geradezu „transnationale“ Gestalt geworden ist. US-amerikanische Historiker, Dichter, Filmregisseure, die sich für die Pucelle interessierten, gab es seit Langem, einige Beispiele wurden genannt. Wichtig ist aber auch das japanische Interesse an der Jungfrau von Orléans. Nicht nur, dass es schon in den 1960er-Jahren eine viel beachtete Ausstellung in Tokio gegeben hat – Jeanne ist inzwischen zur Heldin der Mangas geworden, ein heroisches Mädchen, das alle möglichen Schlachten mit allen möglichen Ungeheuern und bösen Menschen siegreich besteht. Neuere Untersuchungen zeigen auch, dass sich ihre Erzählung in den verschiedensten Formen im Internet ausgebreitet hat und wie sehr sich die Geschichte dieser wirklichen „Frau des Jahrtausends“ auch für spielerische Annäherungen eignet. Jeanne d’Arc, eine große Gestalt der europäischen Erinnerung, ist heute im kulturellen Gedächtnis der Menschheit verankert.

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