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Erarbeitung des Ruhms

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Der Ruf Leonardos, eines isolierten Künstlers, der nie wirklich Schule machte, hing lange vom Vergleich zwischen seinem malerischen Werk, das nicht umfangreich ist, jedoch von Anfang an in bewunderndes Erstaunen versetzte, und seinem 1550 von Giorgio Vasari publizierten Lebensbericht ab, der seinem Gedächtnis eine doppelte – florentinische und legendenhafte – Wendung gibt. Doch sind seine wenigen Schüler in Mailand geblieben, wo sie sein Erbe klassifizierten. Besonders Francesco Melzi (um 1493–1570) unternahm es, die rund 6000 vom Meister hinterlassenen Blätter in zwei große Kategorien aufzuteilen: alles, was seine Tätigkeit als Maler betraf, und alles andere (in Wirklichkeit der größte Teil), was mit der Anmerkung „Nichts über die Malerei“ beiseitegelassen wurde. Was unter dem Titel Traité de la peinture (Abhandlung über die Malerei) 1651 in Frankreich veröffentlicht wurde, ist nichts anderes als eine weitgehend künstliche Kompilation, die auf die Verstümmelungen zurückgeht, die dauerhaft die Einheit von Leonardos Schaffen zerstörten, die Paul Valéry sehr viel später zu rekonstruieren suchte. Dies also ist die erste Quelle, aus der sich das Gedächtnis Leonardos als Vaterfigur des Klassizismus der europäischen Malerei zur Zeit der Akademien herauskristallisiert.

Die zweite kommt später zutage: Sie ist das Ergebnis der Gelehrsamkeit, die seit dem Ende des 18. Jahrhunderts seine nicht beachteten Manuskripte untersuchte und so einen anderen Leonardo entdeckte. Ein Gelehrter wie Giambattista Venturi, der in Paris die von Napoleon Bonaparte 1797 erbeuteten Manuskriptbände (und speziell den berühmten Codex Atlanticus) studiert, hebt die wissenschaftlichen Erfindungen des Maschinenfachmanns hervor. Seitdem verdrängte der Ingenieur den Maler und Leonardo wird als Prophet der industriellen Zivilisation gefeiert. Diese wissenschaftsorientierte Wende zerstört allerdings keineswegs die esoterische Aura dieser vertrauten Figur, die ab diesem Zeitpunkt in jedem Alter mit dem langen Bart und dem breitkrempigen Hut, popularisiert durch die Statue auf der Piazza della Scala in Mailand, dargestellt wird. Der Leonardo-Mythos gipfelte im immensen internationalen Erfolg des Romans Leonardo da Vinci (1900) des Russen Dmitri Mereschkowski, eines der Lieblingsbücher von Sigmund Freud. Wenn ihm manche wie Pierre Duhem eine Rolle in der wissenschaftlichen Revolution zuerkennen, die er sicher nicht hatte, so wird Leonardo vor allem in der etwas kindischen Form des genialen Bastlers zum Vorläufer alles Modernen: das Automobil zu Beginn des 20. Jahrhunderts, dann das Flugzeug und nach den neuesten Nachrichten die Informatik und die multimediale Information. 1994 kauft Bill Gates, der Begründer von Microsoft, für 30 Millionen Dollar den Codex Leicester, um ihn zu digitalisieren und jedes Jahr in einer anderen Stadt auf der Welt auszustellen. Dies markiert eine Wende in der Kommerzialisierung, Globalisierung, Datenverbreitung der „Marke“ Leonardo, die schließlich durch den Massenerfolg des Da Vinci Code von Dan Brown (2003) als weltweite Ikone konsekriert wurde.

Durch seine Geschicklichkeit, alle Bewohner des globalen Dorfs anzusprechen, Bruchstücke einer universellen Kultur miteinander zu verbinden, um eine spannende Geschichte zu erzählen, von gesicherten Fakten ausgehend eine esoterische Interpretation der Welt zu entwickeln, ist es Brown gelungen, den europäischen Erinnerungsort Leonardo da Vinci zu globalisieren. Ein Roman hat es also im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts geschafft, die Touristen der Da-Vinci-Tour, die die Orte dieser großen Schnitzeljagd (von der Kirche Saint-Sulpice in Paris bis zum Kloster Santa Maria delle Grazie in Mailand, wo Leonardo Das letzte Abendmahl malte) besuchen, zu kanalisieren und zugleich einen neuen, ebenfalls lukrativen Markt zu erschließen: den der Bücher, die den Da Vinci Code entschlüsseln.

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