Читать книгу Das Erste Vatikanische Konzil - Группа авторов - Страница 9

„Woher der religiöse Zweifel?“

Оглавление

Zur Krisendiagnostik deutschsprachiger Apologeten im Umfeld des Ersten Vaticanums

Wer nach belastbaren Informationen zur deutschsprachigen katholischen Universitätstheologie ab der Mitte des 19. Jahrhunderts sucht, wird schnell feststellen, dass auf diesem Feld neben den Originalquellen und zeitgenössischen Studien kaum aktuelle Literatur zur Verfügung steht. Anders verhält es sich bekanntlich mit den theologischen Strömungen im Umfeld des Zweiten Vatikanischen Konzils, die inzwischen als breit rezipiert gelten können. Eine Konsequenz dieses proportionalen Missverhältnisses ist es, dass die Entwürfe der Generation im Umfeld des Ersten Vaticanums häufig genug im Spiegel der Innovationen des Zweiten Vaticanums betrachtet werden und daher als diffuse Mischung überkommener Traditionalismen erscheinen müssen: Die „Neuscholastik“ sei das dominante Modell der Zeit gewesen; das Kernanliegen ihrer Vertreter habe im klerikalen Kampf gegen die nicht mehr zu leugnenden Errungenschaften der Moderne bestanden; Stichworte wie Antimodernismus, Exklusivismus, Infallibilismus und Monogenismus stehen flankierend bereit, um die Theologie der 1850er bis 1890er Jahre als ein Agglomerat von Theoremen erscheinen zu lassen, die sich für die eigentlichen Fragen ihrer Zeit kaum empfänglich zeigten.

Auch wenn es nicht in Zweifel gezogen werden kann, dass sich mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil ein lange nötiger Prozess der innerkirchlichen Modernisierung und Liberalisierung vollzogen hat, wäre doch eigens durch eine Lektüre der Originaltexte zu prüfen, ob die Theologen im Umfeld des Ersten Vaticanums sich tatsächlich als derart unsensibel für die Herausforderungen und Diskurse ihrer Zeit erweisen, wie gerne insinuiert wird. Das Anliegen des vorliegenden Beitrags ist es daher, am Beispiel zweier Apologien dieser Epoche aufzuzeigen, dass zumindest ein Mangel an zeitdiagnostischer Sensibilität kein generelles Charakteristikum der damaligen Theologie war. Im Gegenteil zeigen sich die Theologen des 19. Jahrhunderts, so antiquiert manche ihrer Thesen im Einzelnen wirken mögen, als versierte theologische Krisendiagnostiker, an deren Analysen sich zum Teil heute noch anschließen lässt.

Das Erste Vatikanische Konzil

Подняться наверх