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b) Naturalrestitution

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Als Ersatz für durch Datenschutzverletzungen verursachte immaterielle Schäden werden bislang nahezu ausschließlich Geldzahlungen – oft (und wenig präzise) als „Schmerzensgeld“ apostrophiert – diskutiert. Tatsächlich dürfte die Entschädigung immaterieller Einbußen häufig allein durch Zahlung eines bestimmten Geldbetrags gelingen. Darauf dürfte der Anspruch indes nicht beschränkt sein. Nach deutschem Schadensersatzrecht kommt auch bei Nichtvermögensschäden – sogar primär100 – ein Anspruch auf Naturalrestitution (statt bloßer Entschädigung in Geld) in Betracht.101 Der Verletzer hat also – in bestimmten Grenzen – die immaterielle Einbuße zu beseitigen (§ 249 Abs. 1 BGB) oder die dazu erforderlichen Kosten zu tragen (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB).102 Er mag etwa für die Löschung abgeflossener Daten sorgen oder Maßnahmen zur Wiederherstellung der Ehre103 eines durch ein Datenleck Kompromittierten sorgen oder aber dem Betroffenen Ersatz der für diese Maßnahmen aufgewandten Kosten gewähren.

Schadensersatz durch Naturalrestitution ist auch dem Unionsprivatrecht nicht fremd, insbesondere verbietet dieses jene nicht; noch nicht abschließend geklärt ist lediglich, ob ein Anspruch auf Naturalrestitution stets in Betracht kommt bzw. in Betracht kommen muss und wie dann das Verhältnis zur Kompensation ist.104 Wiederum bietet es sich an, dies anhand der Regelungsziele des zugrunde liegenden Rechtsakts, hier also der DS-GVO, sowie des Effektivitätsgrundsatzes zu entscheiden.105 Nach Art. 1 Abs. 2 DS-GVO schützt die DS-GVO die Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen, insbesondere deren Recht auf Schutz personenbezogener Daten. Durch Datenschutzverstöße entstandene Schäden sind „vollständig“ und „wirksam“ zu ersetzen (→ III.2.). Ob dies durchweg mit bloßer Entschädigung in Geld zu erreichen ist, erscheint sehr fraglich, denn diese macht die noch andauernden Folgen des Datenschutzverstoßes nicht ungeschehen. Gerade das Integritätsinteresse dürfte aber aus Sicht des Betroffenen nicht selten im Mittelpunkt der Wiedergutmachung stehen. Der von einem Datenschutzverstoß Betroffene dürfte deshalb oft primär ein Interesse daran haben, dass der bei ihm dadurch verursachte Schaden in natura beseitigt und nicht nur in Geld entschädigt wird. Überdies ist sehr zweifelhaft, ob bloße Kompensation als primäre Rechtsfolge – nicht zuletzt mit Blick auf die ganz erheblichen Schwierigkeiten der Quantifizierung etwas von Natur aus Inkommensurablen – dem Gebot zu vollständigem Schadensersatz stets gerecht werden könnte. Und schließlich ist nur mit der Gewährung eines Anspruchs auf Naturalrestitution sichergestellt, dass die dafür gegebenenfalls notwendigen Aufwendungen vollständig vom Schädiger zu tragen sind und so nicht den Geschädigten belasten. Bei Gewährung bloßer Kompensation gilt das nicht, denn die Geldentschädigung für den immateriellen Schaden muss nicht notwendigerweise den zur Naturalrestitution notwendigen Aufwendungen entsprechen.

Vorausgesetzt, eine Naturalrestitution des immateriellen Schadens ist möglich und nicht mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden (vgl. § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB), sollte man dem Betroffenen daher – wenn er das möchte – einen Anspruch auf Naturalrestitution geben.106 Wenn Naturalrestitution nicht ausreicht oder unmöglich ist bzw. unverhältnismäßige Aufwendungen erfordert oder der Betroffene das wählt, besteht ein Anspruch auf Entschädigung in Geld, daneben bzw. stattdessen.

Festschrift für Jürgen Taeger

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