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2. Befreiung

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Anders als die Ausnahme ist die in § 31 Abs. 2 BauGB geregelte Befreiung (Dispens) ein planexternes Institut[680] zur Bewältigung von Sondersituationen, die der Plangeber nicht vorhersehen konnte. Sie dient der Herstellung von Einzelfallgerechtigkeit und der Flexibilisierung zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf Vorhaben, die zwar den Festsetzungen des Bebauungsplans widersprechen, gleichwohl aber mit den planerischen Vorstellungen in Einklang gebracht werden können[681]. Da es sich hierbei um eine echte Durchbrechung des Plans handelt, müssen die Anforderungen dementsprechend höher sein als bei Ausnahmen[682]. Es ist zu beachten, dass die Anpassung der Bebauungspläne den Gemeinden, nicht der Bauaufsichtsbehörde obliegt und dem Bauleitplanverfahren unterworfen ist[683].

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Voraussetzung einer Befreiung ist zunächst, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden dürfen. Wann dies der Fall ist, kann nur im Hinblick auf die konkrete Planungssituation bestimmt werden. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht des Plans eingreift, desto eher ist von einer Berührung der Grundzüge der Planung auszugehen und demgemäß zur Ermöglichung des Vorhabens eine Änderung der Planung erforderlich[684]. Fraglich ist, inwieweit daneben an dem Kriterium der Atypik festzuhalten ist[685]. Die Streichung der Anforderung, dass Befreiungen nur im Einzelfall erteilt werden können, mag zwar in Richtung einer Aufgabe dieses Kriteriums zielen. Letztlich ist das Kriterium der Atypik jedoch aus dem Wesen der Befreiung abzuleiten. Besteht das Bedürfnis nach Befreiungen in nicht atypischen Fällen, stellt sich die Frage, ob nicht die planerische Konzeption überholt und der Bebauungsplan entsprechend anzupassen ist[686]. Weiter verlangt § 31 Abs. 2 BauGB allgemein für alle Befreiungen, dass sie mit öffentlichen Belangen vereinbar sind[687]. Dieses Kriterium kommt vor allem gegenüber Befreiungen nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BauGB zum Tragen[688]. Und schließlich müssen die nachbarlichen Interessen angemessen berücksichtigt werden. Dieses Erfordernis hängt nicht davon ab, ob von drittschützenden Festsetzungen befreit werden soll[689].

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Neben diesen allgemeinen Voraussetzungen muss weiterhin einer der drei speziellen Befreiungstatbestände erfüllt sein. § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB setzt voraus, dass Gründe des Allgemeinwohls die Befreiung erfordern. Unter Allgemeinwohl sind alle öffentlichen Interessen zu verstehen. Die Erforderlichkeit verlangt nicht, dass dem Gemeinwohl in keiner anderen Weise Genüge getan werden kann. Es reicht aus, wenn die Befreiung vernünftigerweise geboten ist[690]. § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB erlaubt Befreiungen, wenn die Abweichung städtebaulich vertretbar ist. Hier wird darauf abgestellt, ob die Befreiung generell auch ein zulässiger Inhalt eines Bebauungsplans wäre[691]. An diesem bedenklich weiten Befreiungstatbestand wird die Notwendigkeit eines einschränkenden Kriteriums der Atypik besonders deutlich[692]. Die Befreiungsmöglichkeit nach Nr. 2 ist vor allem für Bebauungspläne in bereits länger überbauten Gebieten etwa in Stadterhaltungs- und Stadterneuerungsgebieten geeignet. Durch die Befreiung lassen sich hier zum Beispiel Um- oder Aufbauten eines historisch gewachsenen Bestands bewerkstelligen. Schließlich erlaubt § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB eine Befreiung, wenn es ansonsten zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte käme[693]. Dieser Befreiungstatbestand zielt in besonderer Weise auf die Herstellung der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall. Stellt sich die Frage einer Befreiung auf der Grundlage des § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB für eine Vielzahl von Grundstücken im Plangebiet, muss an der Richtigkeit der Abwägungsentscheidung gezweifelt werden[694].

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Die Erteilung der Befreiung steht im Ermessen der Zulassungsbehörde, wobei gemäß § 36 BauGB das Einvernehmen der Gemeinde erforderlich ist[695]. Zu Recht wird aber darauf hingewiesen, dass praktisch alle für die Ermessensausübung relevanten Gesichtspunkte bereits auf der Tatbestandsseite geprüft werden müssen, womit sich die Frage nach dem verbleibenden Ermessensspielraum stellt[696]. Die Rechtsprechung nimmt gleichwohl an, dass von einer Befreiung abgesehen werden kann, wenn ihr „gewichtige Interessen entgegenstehen“[697].

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