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f) Weitere Erlaubnis bei Einwilligungswiderruf

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Umstritten ist, ob im Fall des Widerrufs einer Einwilligung vom Verantwortlichen eine gesetzliche Erlaubnis wie die aus Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f DSGVO geltend gemacht werden darf, wenn dafür die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Dagegen wird vorgebracht, dass die Berufung auf einen gesetzlichen Erlaubnistatbestand im Fall einer Einwilligung gegen Treu und Glauben verstoßen würde. Die betroffene Person würde bei einem Widerruf der Einwilligung davon ausgehen, dass sie es im Sinne eines informationellen Selbstbestimmungsrechts in der Hand habe, über die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung zu entscheiden. Wer im Glauben, allein durch seine Einwilligung den Weg für eine Verarbeitung der sich auf ihn beziehenden Daten freizumachen, sähe sich getäuscht, wenn im Fall des Widerrufs auf eine gesetzliche Erlaubnis Bezug genommen würde.66 Ein solches Verhalten verstieße gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB, venire contra factum proprium)67 und würde zu einer Rechtsverwirkung führen. Würde die betroffene Person beim Einholen einer Einwilligung nicht darauf hingewiesen, dass es neben der Einwilligung auch eine gesetzliche Erlaubnis für die Verarbeitung ihrer Daten gäbe, sei das Verhalten „in sich widersprüchlich und damit unzulässig“.68

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Der Grundsatz von Treu und Glauben wird in der Tat von Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO als ein die DSGVO prägender Grundsatz hervorgehoben. Gleichwohl greift ein Rückgriffsverbot nicht, weil nicht das subjektive Empfinden in die Wirksamkeit eines Einwilligungswiderrufs maßgeblich sein kann, sondern die von der Rechtsordnung gedeckte Erlaubnis.69 Bei Wegfall der Einwilligung als Erlaubnis für die Datenverarbeitung aufgrund eines Widerrufs oder wegen Unwirksamkeit darf durchaus auf eine gesetzliche Erlaubnis abgestellt werden, sodass der Verantwortliche zur Löschung der Daten, deren Verarbeitung sich (auch) auf eine Einwilligung stützt, nicht verpflichtet ist, soweit die gesetzliche Erlaubnis die Verarbeitung der betreffenden Daten und den Umfang der Datenverarbeitung abdeckt. Eine Löschungsverpflichtung besteht – was die hier vertretene Ansicht stützt – nach dem insoweit klaren Wortlaut des Art. 17 Abs. 1 lit. b DSGVO bei Widerruf einer Einwilligung nur, wenn es „an einer anderweitigen Rechtsgrundlage“ für die Verarbeitung fehlt (siehe Rn. 21).70 Die betroffene Person darf nicht in Unkenntnis gelassen werden, auf welcher Rechtsgrundlage ihre Daten verarbeitet werden; sie ist entsprechend zu informieren, wenn der Rückgriff auf eine gesetzliche Erlaubnis erfolgt. Sollte die Datenverarbeitung auf Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f DSGVO gestützt werden, müsste der Verantwortliche den Widerruf der Einwilligung zudem als Widerspruch in die Datenverarbeitung deuten und prüfen, ob das damit zum Ausdruck gebrachte Interesse der betroffenen Person daran, dass die von ihr bezeichneten Daten nicht (mehr) verarbeitet werden, höher wiegt als sein eigenes berechtigtes Interesse an der Verarbeitung.71

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Außerdem ist beachtlich, dass es in Art. 6 Abs. 1 DSGVO heißt, dass die Verarbeitung nur rechtmäßig ist, „wenn mindestens eine der nachfolgenden Bedingungen erfüllt ist“. Es wird keine Einschränkung dahingehend vorgenommen, dass neben einer Erlaubnis nach Buchstabe a nicht auch eine nach Buchstabe f vorliegen kann. Daraus lässt sich schließen, dass neben der Einwilligung gemäß Buchstabe a auch einer der weiteren Erlaubnistatbestände zur Erlaubnis führen kann.72

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Aus Treu und Glauben könnte sich aber eine Pflicht des Verantwortlichen ergeben, bei Vorliegen und in Kenntnis eines gesetzlichen Erlaubnistatbestands nicht zusätzlich um eine Einwilligung zu bitten. In der Tat sollte die Einwilligung nicht eingeholt werden, wenn eine gesetzliche Erlaubnis vorliegt, weil der Betroffene es kaum nachvollziehen könnte, wenn der Verantwortliche bei einem Widerruf seiner Einwilligung auf eine bestehende gesetzliche Erlaubnis verweisen und die Datenverwendung wegen einer „Subsidiarität der Einwilligung“73 fortsetzen würde.74 Gleichwohl würde sich aus dem Widerruf der Einwilligung keine Sperrwirkung für die weitere Verarbeitung ergeben, wenn die Verarbeitung nach einem anderen Erlaubnistatbestand rechtmäßig ist (siehe Art. 7 Rn. 27).

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Bei einer Information der betroffenen Person über die beabsichtigte Datenverarbeitung sollte deshalb nicht der Eindruck erweckt werden, die Verarbeitung würde allein von der Zustimmung der betroffenen Person abhängen, wenn das nicht der Fall ist. Diese Gefahr könnte bestehen, wenn die betroffenen Personen – was in der bisherigen Datenschutzpraxis verbreitet war – durch Unterschrift bestätigen sollen, dass sie die Datenschutzgrundsätze zur Kenntnis genommen haben und mit ihr einverstanden sind. Eine solche (überflüssige) Einverständniserklärung könnte zu dem unzutreffenden Eindruck führen, die Zulässigkeit der Datenverarbeitung von dem mit der Unterschrift dokumentierten Einverständnis abhängig gemacht zu haben. Überhaupt ist dem Verantwortlichen davon abzuraten, eine Einwilligung einzuholen, wenn eine gesetzliche Erlaubnis vorliegt (Rn. 42).75 Eine Einwilligung sollte nicht eingeholt werden, wenn die Verarbeitung darauf gestützt werden kann, dass sie zur Erfüllung einer rechtlichen Pflicht erforderlich ist (lit. c) oder dass damit lebenswichtige Interessen geschützt werden (lit. d); die (zusätzliche) Einholung einer Einwilligung sollte besonders in diesen Fällen unterbleiben.

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Irrtümer in der Praxis: Von Unkenntnis zeugt die Einholung der (schriftlichen) Einwilligung bei über tausend Mietern durch eine Hausverwaltung – auf Anraten eines externen Datenschutzbeauftragten –, um Handwerker weiterhin mit Reparaturen beauftragen zu können, wofür die Einwilligung in die Weitergabe der Kontaktdaten der Mieter an die Handwerker erforderlich sei. Bedenken ruft der Text der Einwilligungserklärung hervor, wenn als Zweck ausdrücklich angegeben wird: „Durchführung und Abwicklung des Vertragsverhältnisses“ und die Mieter auf ihr „Widerspruchsrecht“ hingewiesen werden, bei dessen Wahrnehmung es keine Nachteile geben würde, aber dann Probleme bei der Beauftragung von Handwerkern entstehen könnten. Derartige Sachverhalte zeugen von Rechtsunsicherheit oder Rechtsunkenntnis selbst bei (in diesem Fall aus der Praxis: zertifizierten) Beratern. Richtig wäre es, bei notwendigen Reparaturmaßnahmen Daten der Mietpartei an den Handwerker auf der Grundlage von Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b DSGVO zu übermitteln;76 immerhin gehört es zu seinen vertraglichen Hauptpflichten nach § 535 Abs. 1 BGB, die Mietsache in einem gebrauchsfähigen Zustand zu erhalten. Dafür ist die Datenweitergabe auch erforderlich. Auch Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f DSGVO wäre eine taugliche Rechtsgrundlage,77 zumal nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Mieter entgegenstehende Interessen an der Weitergabe der Daten zum ausschließlichen Zweck der Vornahme einer Handwerkerleistung beim Mieter haben könnten. Weil bei Inanspruchnahme dieser gesetzlichen Erlaubnis allerdings weitergehende Informationspflichten bestehen (formal der Hinweis auf das Widerspruchsrecht), ist der Weg über Buchstabe b zu empfehlen. Über §§ 27ff. WEG kann sich auch der Hausverwalter auf diese Erlaubnistatbestände berufen.

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Allerdings könnte es aufgrund eines Widerrufs zu einer Neubewertung der gesetzlichen Erlaubnisnorm führen, wenn die Erlaubnis sich auf Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f DSGVO stützt. Bei diesem Erlaubnistatbestand geht es um die Abwägung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen mit den Interessen der betroffenen Person. Wenn diese auf ein Ersuchen des Verantwortlichen, dessen Verarbeitung auch gem. Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f DSGVO zulässig ist, eine Einwilligung erteilt hatte, bringt der Widerruf der Einwilligung zum Ausdruck, dass die Verarbeitung nicht gewünscht und dementsprechend im Widerspruch zu den Interessen der betroffenen Person steht. Mit dem Widerruf hat der Betroffene also sein gegenüber dem berechtigten Interesse des Verantwortlichen an der Datenverarbeitung entgegenstehendes Interesse zum Ausdruck gebracht. Wird auf diese Weise eine Interessenverletzung zum Ausdruck gebracht, besteht für den Verantwortlichen zwingend die Pflicht zur Neubewertung. Bei dieser Abwägung dürften dann die Interessen der betroffenen Person gegenüber denen des Verantwortlichen nicht überwiegen, um auf der Grundlage der gesetzlichen Erlaubnis nach Buchstabe b die Verarbeitung fortsetzen zu dürfen.

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